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Bewertung komplexer Montageprozesse und Design for Manufacture in der Luftfahrtindustrie - Anforderungen der Montage schon in der Konzeptphase berücksichtigen

[11.09.2006]

Foto: alphaspirit / fotolia.com

Ausgangssituation

Die Montage komplexer Produkte kann sehr zeitaufwändig sein - besonders wenn die Anforderungen der Produktion nicht ausreichend berücksichtigt werden und kundenindividuelle Anforderungen erfüllt werden müssen.

Ziel ist es deshalb, Produkte von Anfang an herstell- und montagegerecht zu gestalten, um Kosten und Montagezeiten zu reduzieren und Probleme in der Produktion zu vermeiden. Durch Entscheidungen in der Entwicklung werden über 70% der späteren Kosten festgelegt. Eine Verlagerung des Aufwandes in frühe Phasen der Produktentwicklung führt dazu, dass mögliche Fehler und Probleme rechtzeitig entdeckt und beseitigt werden und gleichzeitig der Entwurf hinsichtlich der Kosten für Montage und Teile optimiert wird.

Im betrachteten Unternehmen der Luftfahrtindustrie wächst die Komplexität der Montage aufgrund der kundenindividuellen Ausführungen immer weiter. Gleichzeitig steigt die Auslastung der Produktion, die Prognosen für die nächsten Jahre lassen ein Wachstum von 20% erwarten. Zusammen mit dem sich weiter verschärfenden Wettbewerbsdruck leitete sich dringender Handlungsbedarf ab, die Montagezeiten zu reduzieren.

Vorgehensweise

Das Prinzip "Design for Manufacture"

Die herstell- und montagegerechte Gestaltung muss in der Produktentwicklung frühzeitig ansetzen und konsequent verfolgt werden. Dazu ist ein Umdenken in Entwicklung und Produktion nötig. Anstatt Prototypen unterschiedlicher Konzepte zu entwickeln, diese anschließend von der Produktion auf Schwachstellen aus Fertigungs- und Montagesicht zu untersuchen und Änderungen in einer Korrekturschleife einfließen zu lassen, ist eine frühzeitige Beurteilung der Gesamtkonzepte hinsichtlich der Anforderungen der Produktion erforderlich. Dieses Vorgehen ist unter "Design for Manufacture" (DFM), "Design for Manufacturability" (DFM) und auch unter "Design for Manufacture and Assembly" (DFMA) bekannt.

Die Ziele sind dabei generell:

  • Time-to-Market
  • Schnellere Serienanläufe
  • Lieferantenintegration
  • Erhöhung der Prozesssicherheit
  • Null Fehler in der Montage
  • Senkung der Herstellkosten

Senkung der Montagezeiten durch montagegerechte Gestaltung

Es stellte sich schnell heraus, dass die gesteckten Ziele mit einer reinen Prozessoptimierung der Ist-Prozesse nicht zu erreichen sind. Auch eine Erhöhung des Automatisierungsgrads in der Produktion erwies sich aufgrund der stark kundenindividuellen Ausführungen als nicht praktikabel.

Bei der Analyse der Montageprozesse hat sich gezeigt, dass es Defizite in der montagegerechten Gestaltung der Produkte gibt, was zu sehr komplexen Montageprozessen und dementsprechend hohen Montagezeiten führt.

Für das Projekt wurden zwei Ziele abgeleitet:

  • Identifikation und Bewertung von kurzfristig realisierbaren Optimierungspotenzialen in der Montage
  • Identifikation der Hauptkostentreiber im Ist-Prozess und Ableitung von Ansatzpunkten zur Optimierung und montagegerechten Gestaltung zukünftiger Produktvarianten

Analyse der Kostentreiber

Im ersten Schritt wurden dazu die Kostentreiber im Ist-Prozess Top-Down anhand der SAP-Daten analysiert und detailliert nach Abteilungen, Produktgruppen und Montageschritt getrennt ausgewertet. Die so identifizierten Kostentreiber wurden anschließend gefiltert, um wenig beeinflussbare Zeitanteile zu isolieren. Dabei wurden beispielsweise gesetzlich vorgeschriebene und deswegen nicht zu beeinflussende Prüfvorgänge erkannt und von der weiteren Betrachtung ausgenommen.

Für jeden Bereich wurden die gefundenen Kostentreiber vertiefend Top-Down bis hin zur den MTM-Detailanalysen untersucht und Ansatzpunkte für kurzfristige Optimierungen und die montagegerechtere Gestaltung abgeleitet. Parallel dazu fand eine Untersuchung der Kostentreiber-Prozesse direkt in der Montage statt, um die Top-Down ermittelten Ergebnisse zu verifizieren und zu ergänzen. Die Erfahrungen und Vorschläge der Mitarbeiter in der Montage wurden in strukturierten Interviews erfasst und in der Auswertung eingebunden.

Aus den Teilergebnissen wurde ein umfassendes Bild des Ist-Standes und der Handlungsempfehlungen für die montagegerechte Gestaltung zukünftiger Produkte abgeleitet.

IT-Tool zur effizienten Analyse der Kostentreiber in der Montage

Zur schnelleren Analyse weitere Produkte wurde ein IT-Tool erstellt, mit dem sich die Kostentreiber in den einzelnen Stufen der Produktion ermitteln lassen. Neben den auf ein Produkt bezogenen Analysen stehen umfangreiche Vergleichsmöglichkeiten unterschiedlicher Produktkonzepte zur Verfügung. Analysen und Vergleich berücksichtigen Durchlaufzeiten, Bearbeitungszeiten, Stundensätze, Logistikkosten, Qualitätskosten und Materialkosten für jeden Schritt der Montage. Abhängigkeiten der Prozesse lassen sich durch Vorgänger/Nachfolger-Definition abbilden. Die Importfunktion für SAP-Daten erlaubt die komfortable Weiterverarbeitung bestehender Produkte im IT-Tool.

Ergebnisse

Mit Hilfe der beschriebenen Vorgehensweise konnten Produktionsaspekte in einer sehr frühen Designphase abgeschätzt und aktiv in den Entwicklungsprozess eingebracht werden. Dies wirkte sich nicht nur auf eine kostenseitige Verbesserung der Montageabläufe aus, sondern auch auf eine effizientere Generierung kundenspezifischer Varianten. Insgesamt konnten dabei Kostenpotenziale von 23 Prozent identifiziert und im Entwicklungsprozess realisiert werden.

Weiterführende Literatur

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