[03.05.2021]
Das Design des Produktportfolios ist eine wichtige Kompetenz zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit. Ein breites Portfolio steigert die Kundenorientierung. Ein überfrachtetes und zu komplexes Portfolio kann aber auch der Anfang vom Ende sein: Hohe Komplexitätskosten und Kannibalisierungseffekte gefährden die operative Effizienz. Ein ausgefranstes Portfolio lässt die strategische Fokussierung verschwimmen und überfordert zudem die Kunden. Wir unterstützen Unternehmen mit einem analytischen Ansatz bei der Entwicklung wettbewerbsfähiger Portfoliostrategien.
Das Produktportfolio ist eine der wichtigsten Stellschrauben für das aktive Management von Kosten und Umsatz. Somit sind diese zwei Schnittstellen ausschlaggebend für den Erfolg von Unternehmen:
Schnittstelle zum Kunden:
Schnittstelle im Unternehmen:
„Erfolgreiches Portfoliomanagement heißt, eine maximale Zahlungsbereitschaft auf dem Markt abzuschöpfen und dabei gleichzeitig die Komplexitätskosten gering zu halten.“
Die Erfahrung aus zahlreichen Projekten in verschiedenen Branchen zeigt, besonders erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich durch ein effizientes und dennoch effektives Portfoliomanagement aus:
Wir unterstützen Unternehmen durch einen analytischen Ansatz dabei, bestehende Portfoliostrukturen zu optimieren und vor allem die eigenen Komplexitätskosten zu senken.
Das Unternehmen im aktuellen Fallbeispiel ist Marktführer in einem Nischenbereich für Klinikausstattung. Das Produktportfolio ist deutlich breiter als im Vergleich zum direkten Wettbewerb und wuchs im Laufe der Jahre immer stärker an. Für neue Kundenanforderungen wurden ständig neue Varianten gebildet und die Komplexität wuchs überproportional. Es entstand eine unstrukturierte Menge an Produktfamilien und Nebenvarianten, die sich einerseits durch Kannibalisierung aber gleichzeitig auch durch Portfoliolücken auszeichnete. Das Unternehmen kündigte kaum Produkte ab, was zu einem weiteren Ansteigen der Komplexität führte. Dass die sich entwickelte Komplexität zur Existenzbedrohung wurde, merkte das Unternehmen an den typischen Anzeichen
Ziel war es:
Das Unternehmen erkannte, dass die Komplexität im eigenen Portfolio existenzbedrohend geworden war. Die Unternehmensleitung entschloss sich, mit TCW ein Projekt zur Optimierung des eigenen Portfolios durchzuführen.
Das Gesamtprojekt untergliederte sich in 3 Meilensteine. Zunächst galt es Kundenpräferenzen zu erheben, um die Ausrichtung des Portfolios zu bestimmen. Danach wurde gemeinsam mit dem Kunden das neue Soll-Profil des Produktportfolios dimensioniert. Meilenstein 3 umfasst die Entwicklung eines modularen Baukastens, um Module festzulegen, mit denen die einzelnen Produktvarianten im Sinne eines Mix & Match Ansatzes gebildet werden konnten. Insbesondere die analytische Dimensionierung des Portfolios kann auch durch die Unterstützung von Algorithmen erfolgen.
„Ziel der algorithmenbasierten Analyse ist es festzustellen, wie bestehende Varianten zu neuen Produkten geclustert werden können. Anhand von Eigenschaftsausprägungen werden bestehende Varianten zu neuen Soll-Profilen geclustert, mit dem Ziel, Kundennutzen zu maximieren und reale Kundentypen abzubilden.“
Für die analytische Entwicklung von kundengerechten Produktvarianten bietet sich die Nutzung von verschiedenen Algorithmen an. Ziel ist es, Eigenschaftspakete so auf Produkte zu verteilen, dass verschiedene Kundentypen möglichst effizient und effektiv abgebildet werden können. Durch die Verwendung unterschiedlicher Analysetools und Algorithmen, bietet das TCW eine analytische Herangehensweise, zum eigenschaftenbasierten Vergleich der internen Produkte. Der Ansatz ermöglicht es, Produkte basierend auf Ihren Eigenschaften und Anwendungen zu Clustern und die Zusammensetzung eines kundenorientierten Portfolios zu gestalten. Dadurch wird die Variantenvielfalt reduziert und es wird die Grundlage für Standardisierung und Modularisierung des Portfolios geschaffen.
In einem ersten Schritt werden die Produkte in einer sogenannten Produkt-Eigenschaften-Matrix abgebildet. Dadurch entsteht eine Matrix über alle Produkte, in der jede Produkt-Eigenschaften-Beziehung den Wert der Ausprägung der entsprechenden Eigenschaft erhält. In der einfachsten Ausprägung besitzt die Produkt-Eigenschaft-Matrix lediglich zwei unterschiedliche Werte (Produkt besitzt die Eigenschaft oder besitzt diese nicht). Je nach Produkt, Anwendung oder Eigenschaft können auch unterschiedliche Werte verarbeitet werden. So zum Beispiel nominalskalierte Werte, wie die Farbe des Produkts, ordinalskalierte Werte wie beispielsweise unterschiedliche Ausstattungspakete oder aber metrische Daten, wie das Gewicht, die Größe oder Ähnliches. Aus der Datenverarbeitung sind Verfahren und Algorithmen zur Clusterung ähnlicher Datenpunkte oder Zeichenketten bekannt. Diese Verfahren werden bereits in der Produktionsplanung, zum Beispiel bei der Planung von Produktionsinseln, erfolgreich angewendet. Hier werden anhand der Produkt-Maschinen-Matrix einzelne Produktfamilien geclustert und den jeweiligen Maschinengruppen zugeordnet. Die Verfahren zur Gruppierung von Produkten und zur Zusammenfassung der notwendigen Ressourcen können auf die Anwendung zur Bildung von Produktclustern im Portfolio auf die Produkt-Eigenschaften-Matrix adaptiert werden.
Aufbauend auf der oben genannten Matrix können die Ähnlichkeitsmaße der unterschiedlichen Produkte berechnet werden. Das eingesetzte TCW-Tool stellt dem Anwender hierfür, abhängig von Produkt und Detailierungsgrad, bis zu 14 unterschiedliche Ähnlichkeitskoeffizienten zur Verfügung. Dazu zählen zum Beispiel der Jaccard- oder Dice-Koeffizient, oder das Ähnlichkeitsmaß nach Braun, Kappa oder Ochiai. Das eingesetzte Tool stellt darüber hinaus Algorithmen zur Clusterung von Produktgruppen zur Verfügung. So kann zum Beispiel für nominal skalierte Attribute das Hamming-Maß, die Levenshtein-Distanz oder das Gestalt Pattern Matching eingesetzt werden, um die ähnlichsten Produkte im Portfolio zu finden. Für alle Produktkombinationen kann dann das entsprechende Ähnlichkeitsmaß berechnet werden. Im Anschluss werden die zwei ähnlichsten Produkte zusammengefasst. Dieses Produktpaar wird im nächsten Iterationsschritt als „neues Produkt“ zur Produkt-Eigenschaften-Matrix hinzugefügt und die Berechnung wiederholt. So entstehen iterativ Produktcluster, mit den ähnlichsten Produkten (bzw. Produktgruppen).
Der Algorithmus kann durch eine Ordnung, beziehungsweise Gewichtung der Eigenschaften der initialen Matrix weiter detailliert, bzw. entsprechend der Produkte angepasst werden. Durch die integrierte Nutzwertanalyse kann diese Gewichtung automatisiert für die Produkte vorgenommen werden.
Die häufigsten Anwendungen der Minkowski Familie sind dabei die City-Block-Distanz (p=1) und das Euklidische Distanzmaß (p=2). Für die Verwendung der Distanzmaße können nicht numerische Daten normiert werden, um intervallskalierte Daten zu erhalten
Die analytische Optimierung eines Produkt-Portfolios nach der TCW Methodik hat folgenden Mehrwert für den Kunden:
Ergebnis: Ein Produktportfolio, das die Bedürfnisse verschiedener Kundentypen effektiv abbildet und dennoch geringe Komplexität aufweist.
Die interne Komplexität konnte um 48% reduziert werden und die Anzahl an Produktvarianten an der Schnittstelle zum Kunden konnte um 27% reduziert werden.
Durch 4 Maßnahmen konnte die externe Komplexität gegenüber dem Kunden deutlich reduziert werden. Die Anzahl an Produktvarianten sank um 27% von 125 auf 91 Produktvarianten.
Die Modularisierung erlaubte eine weitere Reduktion der internen Komplexität, ohne die Vielfalt für den Kunden weiter einzuschränken.
Die Kombination von Modulen und die stärkere Nutzung von gleichen Baugruppen führte zu einer deutlichen Komplexitätsreduktion. Viele Produktvarianten konnten einfach durch die Kombination von definierten Modulen gebildet werden. So ließ sich mit einem Baukastensystem die Anzahl an Komponenten reduzieren. Der Kunde konnte trotzdem individuelle Produkte konfigurieren, aber die Anzahl der Bausteine hierfür, welche den Aufwand in der Entwicklung definiert, war gesunken.
Die Komponentenanzahl konnte um 48% von 5400 Teilen auf 2830 Teile reduziert werden. Insgesamt zeigte sich, dass das Unternehmen durch proaktives Portfoliomanagement besser für die Markterfordernisse gerüstet war und gleichzeitig die eigene Kostenbasis optimieren konnte. Bereits im nächsten Jahr konnte das Unternehmen auf der Industriemesse einige Neuerungen präsentieren, welche im Rahmen des TCW Projektes entwickelt wurden.