[25.09.2008]
Die Grenzen und Inhalte des Auftragsabwicklungsprozesses sind in den meisten Industrieunternehmen nicht eindeutig definiert. In der Regel erschließt sich der Auftragsabwicklungsprozess vom Kundenauftragseingang bis zur Auslieferung des Auftrags beim Kunden vor Ort. Je nach Komplexität des Produkts wird die teilweise aufwendige Angebotserstellung zu Beginn, aber auch die Inbetriebnahme des Produktes beim Kunden am Ende des Prozesses mitbetrachtet. Unabhängig von den jeweiligen Grenzen des Auftragsabwicklungsprozesses ist es erforderlich, dass sämtliche Schnittstellen im Auftragsdurchlauf durch klare Verantwortlichkeiten, Zeitvorgaben und Aufgabenbeschreibungen definiert sind.
Bei dem untersuchten Unternehmen handelt es sich um einen international operierenden Maschinen- und Anlagenbauer im Bereich der Verfahrenstechnik. Das Unternehmen vertreibt seine Produkte weltweit und aufgrund der Komplexität und des Anlagencharakters vieler Produkte stellt dies große Anforderungen an die gesamte Versandabwicklung. Aufgrund gewachsener Strukturen wurde der Versand der Maschinen und Anlagen lange Zeit durch eine interne Versand-Abteilung abgewickelt. Die Aufgaben der Versandabteilung umfassten dabei die gesamte Avisierung der erforderlichen Transporte, die Erstellung von Lieferungen und Transporten im ERP-System, die Transportplanung und Optimierung, die Rechnungserstellung sowie die Koordination aller ausfuhrrelevanten und länderspezifischen Dokumente. Die direkte Schnittstelle zur Versandabteilung waren die Vertriebseinheiten, die die kundenrelevanten und auftragsbezogenen Informationen besaßen, sowie der Warenausgang, der sich um die Verpackung und Bereitstellung der physischen Produkte kümmerte.
Damit der Versand der Waren zeitnah, kostengünstig und entsprechend der Liefervorgaben des Kunden erfolgen konnte, erforderte dies eine Vielzahl von Abstimmungsprozessen zwischen der Versandabteilung und den anderen Schnittstellen. Hierbei stellte sich heraus, dass eine Vielzahl der Abstimmungsprozesse ein hausgemachtes Problem darstellten, das auf mangelhafte Pflege der Stammdaten, fehlende Verantwortlichkeiten und fehlende Anreize zurückzuführen war. Bereits die eindeutige Bestimmung der Abmaße, d.h. Größe und Gewichte des Produktes und der Einzelkomponenten die für die Auswahl der Transportmedien erforderlich waren, erforderte mehrere Abstimmungsschleifen zwischen Versand und Warenausgang, da diese Daten nicht zentral im ERP-System gepflegt wurden. Weiterhin waren Verantwortlichkeiten und Arbeitsinhalte falsch verteilt, so dass sich die Versandabteilung um die Vervollständigung von Daten kümmerte, die eigentlich im Verantwortungsbereich der Vertriebseinheiten liegen sollte.
Diese Probleme veranlassten das Unternehmen dazu, die Versandabteilung auszulagern und die gesamte Versandabwicklung durch einen externen Logistikdienstleister durchführen zu lassen. Um den Versandprozess schneller und effizienter abzuwickeln, wurden durch das TCW eindeutige Verantwortlichkeiten und Schnittstellen festgelegt. Innerhalb der gewachsenen Strukturen stellte es sich zu Beginn als schwierig heraus, die Verantwortlichkeiten im Versandprozess neu zu verteilen. Dies beinhaltete unter anderem, dass Arbeitsinhalte, die im Vorfeld durch die Versandabteilung durchgeführt wurden, wieder an die Vertriebseinheiten zurückgingen. Innerhalb von Workshops, in denen beide Parteien ihre "Pro‘s und Contra‘s" erläuterten, konnte durch sachlogische Argumentenbilanzen ein Konsens bezüglich der neu verteilten Verantwortlichkeiten gefunden werden. Auf Basis der geänderten Verantwortlichkeiten wurden dann eindeutige Schnittstellen definiert. Dies umfasste die Definition der relevanten Daten, die an der Schnittstelle zum Versand übergeben werden, sowie eine Verbesserung der Datenqualität durch Vermeidung von Redundanzen. Eine erhebliche Verbesserung des Versandablaufs wurde dadurch erzielt, dass der gesamte Datenaustausch, der früher durch physische Akten und zum Teil durch die hausinterne Rohrpost abgewickelt wurde, auf ein elektronisches Verfahren umgestellt wurde. Somit konnte der physische Dokumententransfer innerhalb des Unternehmens zum Versanddienstleister erheblich reduziert werden.
Im Ergebnis konnten durch die Neuverteilung der Verantwortlichkeiten, eindeutige Schnittstellendefinitionen sowie die elektronische Abwicklung des Dokumentenflusses erhebliche Bearbeitungszeiten eingespart werden. Zudem konnte durch den elektronischen Dokumentenfluss sowie die Vermeidung von Datenredundanzen die Datenqualität im Auftragsabwicklungsprozess verbessert werden. Mittelfristig werden sich die verbesserten Abläufe zwischen den Vertriebseinheiten und dem Versanddienstleister auch positiv auf die Durchlaufzeiten auswirken.