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Kundenpräferenzen im modularen Hausbau in Deutschland und Russland

[15.11.2016]

Foto: Alexander Raths - fotolia.com
Mit dem Ziel, die Anwendungsfelder für den modularen Hausbau zu identifizieren wurde die adaptive Conjoint-Analyse für Ein- und Mehrfamilienhäuser in verschiedenen Regionen durchgeführt. Mit einer Grundgesamtheit von jeweils über 500 Teilnehmern sind Handlungsempfehlungen für den modularen Hausbau in Deutschland und Russland abgeleitet worden.

Conjointbasierte Kundenpräferenzanalyse für den modularen Hausbau

Durch die Conjoint-Analyse wird es möglich, Kundenpräferenzstrukturen und mehrpreisfähige Eigenschaften bei modularen Hausbausystemen für verschiedene Anwendergruppen zu ermitteln und ihre jeweiligen Anforderungsprofile transparent darzustellen. Durch die Ermittlung der aus Kundensicht zentralen Eigenschaften, Merkmale und Funktionalitäten eines modularen Hauses und der daraus resultierenden Mehrpreisfähigkeit, lassen sich Handlungsempfehlungen zur Gestaltung modularer Hausbaukästen ableiten. Durch Expertengespräche, die mit Vertretern von Anspruchsgruppen aus unterschiedlichen Schwerpunktbereichen im privaten und gewerblichen Hausbau geführt wurden, konnten die Struktur- und Nutzenkriterien sowie konkrete Ausprägungsformen abgeleitet werden. Als zentrales Differenzierungselement der Kundenpräferenzprofile wurden das Einkommen, das Alter und die Art der Immobilie gewählt.


Zudem wurden 11 kaufentscheidende Kriterien identifiziert, die den Kundenwert eines modularen Hauses sowohl in Deutschland als auch in Russland zum größten Teil darstellen. Das erste Merkmal „Individualisierbarkeit der Geometrie der Raummodule“ bezieht sich auf das Ausmaß, in dem die Grundrisse der einzelnen Raummodule durch den Kunden beeinflusst werden können. Durch das zweite Merkmal „Grad der Fertigstellung und Individualisierbarkeit der Ausstattung“ wird die Präferenz hinsichtlich des Fertigstellungsgrades der Immobilie bei Übergabe an den Kunden sowie der Grad der Individualisierbarkeit der Innenausstattung bei einem hohen Fertigstellungsgrad abgefragt. Mit den Merkmalen drei bis sieben wurden mit den Fragestellungen zur Art des Kellers, Art des Balkons, Art der Dachform, Art der Fassade und Art der Fenster die Präferenzen der äußeren Gestaltung der Häuser in Russland abgefragt. Darüber hinaus wurden mit den Merkmalen acht und neun – Energieeffizienz und Ausprägung des Schallschutzes – die relevanten Eigenschaften eines Hauses in Russland abgefragt, die einen Einfluss auf die Gestaltung der Gebäudestruktur haben. Das zehnte Kriterium, die „Flexibilität der Immobilie“ bezieht sich auf die Möglichkeit, das modulare Haus im Laufe des Lebenszyklus durch das Hinzufügen, Entfernen und Austauschen einzelner Raummodule an neue Lebensumstände und Bedürfnisse anzupassen. Als letztes kaufentscheidendes Kriterium konnte der „Umfang des Leistungsspektrums im Bauprozess“ abgeleitet werden, dessen Ausprägungsraum sich von der reinen Bauleistung bis zur ganzheitlichen Projektrealisierung erstreckt. Zudem wurden spezifische Mehrpreisfragen für verschiedene Zusatzeigenschaften erhoben. Neben unterschiedlichen Energieeffizienzstufen, von dem KfW 40 Standard bis zum Passivhaus wurden passive und aktive Einbruchsschutzsysteme, die äußere Gestaltung des Hauses, erweiterte Serviceangebote und Komforteigenschaften hinsichtlich der Mehrpreisfähigkeit abgefragt. Im Ergebnis konnte sowohl für Deutschland als auch für Russland jeweils eine Grundgesamtheit von über 500 Teilnehmern erzielt werden, die in vier unterschiedliche Ein- und vier Mehrfamilienhauscluster unterteilt und hinsichtlich ihrer Präferenzstrukturen und Mehrpreisbereitschaften für Deutschland und Russland analysiert werden konnten.

Vergleich der Kundenpräferenzen im modularen Hausbau in Deutschland und in Russland

Die Kunden von Einfamilienhäusern schätzen in beiden Regionen ein hohes Maß an Individualisierbarkeit bei der Gestaltung des Grundrisses. Darüber hinaus fordern sowohl die deutschen als auch die russischen Kunden einen vollwertigen Keller, in dem Sachen gelagert werden können. In Bezug auf das äußere Erscheinungsbild des Hauses unterscheiden sich die Anforderungen der Kunden. Der russische Kunde präferiert Kunststofffenster in einer Standardgröße, ein Satteldach und eine verklinkerte Fassade. Der Kunde in Deutschland präferiert hingegen große – sofern möglich – bodentiefe, dreifachverglaste Holzfenster und eine moderne Außenhaut mit einem Flachdach sowie einer weiß verputzten Fassade. Trotz des Gartens schätzt die Mehrheit der Kunden in Deutschland einen Balkon, wohingegen in Russland beim Einfamilienhaus lediglich eine Loggia vorhanden sein sollte. Entsprechend der hohen Isolierung der Fenster fordern die Kunden in Deutschland in Bezug auf die Energieeffizienz einen Wert oberhalb des Durchschnittes. Aufgrund der geringen Energiekosten in Russland hat die Energieeffizienz für diese Kunden keine Relevanz für die Kaufentscheidung. In beiden untersuchten Regionen ist die externe Flexibilität von hoher Bedeutung, um die Nutzung des Hauses an die Lebenssituation flexibel, ohne großen Aufwand anzupassen. Sobald die Kinder aus dem Haus ausziehen, wollen die Hausbesitzer etwa in der Lage sein, sich an die neuen Lebensbedingungen anzupassen und ein Teil des Hauses als Einliegerwohnung zu vermieten. Sowohl für den russischen als auch den deutschen Markt sollten in einem Produktportfolio drei verschiedene Einfamilienhäuser vorhanden sein. Das Haus für junge und kleine Familien sollte über eine Wohnfläche von ca. 115-135 m² und 3 bis 4 Zimmer verfügen. Das mittelgroße Haus sollte eine Fläche von etwa 135-160 m² mit 2 Stockwerken und 4 bis 5 Zimmern aufweisen. Das große Haus für Familien mit hohem Einkommen sollte eine Wohnfläche von ca. 160-250 m² haben. Für Kunden die in Russland in ein Mehrfamilienhaus investieren, ist ein individuell gestalteter Grundriss kein kaufentscheidendes Produktmerkmal. Den Kunden ist es wesentlich wichtiger einen Loggia-Balkon und Kunststofffenster in Standardgrößen zu haben. Im Gegensatz dazu fordern Kunden in Deutschland bei der Investition in ein Mehrfamilienhaus flexibel gestaltbare Grundrisse, um auf die schwankenden Anforderungen des Marktes nachhaltig reagieren zu können und die Belange zukünftiger Mieter erfüllen zu können. Der Balkon ist hingegen bei Investoren in Deutschland kein zentrales Kaufkriterium. Bei den Fenstern fordern die Investoren ähnlich wie beim Einfamilienhaus große, bodentiefe, dreifachverglaste Fenster mit einer modernen Fassadengestaltung. Da in Mehrfamilienhäusern mehrere Familien auf engem Raum leben, ist in beiden Regionen der Schallschutz von großer Bedeutung für die Kunden. Eine volle Unterkellerung des Mehrfamilienhauses ist in Russland eine geschätzte Option, aber nicht kaufentscheidend. In Deutschland fordern die Kunden hingegen Abstellflächen im Keller und im städtischen Umfeld aufgrund der baurechtlichen Auflagen sogar Parkmöglichkeiten in einer Tiefgarage. Für die unterschiedlichen Käufergruppen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern sollten drei verschiedene Grundrissvarianten angeboten werden: eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 40 m² und 1 bis 2 Zimmern, die die Mindestanforderungen für den sozialen Wohnraum erfüllt, eine mittlere Wohnung mit etwa 55-75 m² und 2 bis 3 Zimmer sowie eine größere Wohnung, für wohlhabendere Familien, mit einer Wohnfläche von ca. 75-150 m².

FAZIT

Die Anwendung der Conjoint-Analyse liefert wertvolle Einblicke in die vorherrschenden Präferenzstrukturen für den modularen Hausbau in den untersuchten Regionen. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass ein zentraler Erfolgsfaktor für den weiteren Entwicklungsprozess des modularen Hausbaus in der durchgängigen Kundenwertorientierung des Modulkonzepts liegt. Hierzu gilt es die zentralen Mehrwerte, die sich aus der industrialisierten Produktion flexibler Raummodule ergeben, gezielt an den Kunden in den unterschiedlichen Marktsegmenten auszurichten. Im Rahmen der Analyse konnte aufgezeigt werden, dass sich die regionalen Präferenzstrukturen in den Anwendungsfeldern des modularen Hausbaus trotz der heterogenen Ausprägung durch das flexible Modulkonzept abbilden lassen. Durch ein kundengruppengerechtes Moduldesign kann das Leistungsprofil der modularen Hausstrukturen harmonisiert und das Differenzierungs- und Mehrpreispotenzial optimal ausgenutzt werden.

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