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Kundenwertorientierte Entwicklung am Beispiel der Antriebstechnik

[03.05.2005]

Foto: alphaspirit / fotolia.com

Ausgangssituation

Das betrachtete Unternehmen ist ein international agierender Hersteller von Antriebstechnik. Durch das zunehmende Angebot zahlreicher branchenspezifischer Sonderlösungen über mehrere Produktlinien ist das gesamte Produktprogramm stark gewachsen und sollte durch Standardisierungen wieder schlanker gestaltet werden. Dabei sollte gleichzeitig auch einer frühzeitigen Kundenintegration Rechnung getragen werden, die insbesondere im Investitionsgüterbereich zunehmend an Bedeutung gewinnt. Der Untersuchungsbereich fokussierte sich auf Hubwerksantriebe für Krananlagen, für die eine Internet-gestützte Conjoint-Analyse zur Identifikation der Kundenanforderungen durchgeführt wurde.

Vorgehensweise

In gemeinsamen Workshops, an denen Unternehmensvertreter aus den Bereichen Entwicklung, technischer Vertrieb, internationaler Vertrieb sowie Service teilnahmen, wurden diejenigen Merkmale und Ausprägungen der Antriebe herausgearbeitet, die für das neue Produktkonzept aus Kundensicht für die Kaufentscheidung relevant sind. Als Beispiel sei die Hubgeschwindigkeit genannt, die als Ausprägungen z.B. 0,6/4 oder 1/6,3 [m/min] annehmen kann.

Anhand der definierten Merkmale und Ausprägungen wurde dann ein Erhebungsdesign für die Conjoint-Analyse erstellt und in einem software-basierten Tool umgesetzt. Es wurde das Verfahren der Adaptiven Conjoint-Analyse (ACA) angewendet, das hauptsächlich mit Paarvergleichen zusammengestellter Produktkonzepte arbeitet, um dem Befragten stets ein Abwägen verschiedener Merkmalskombinationen abzuverlangen. Das Tool berücksichtigt dabei jeweils die zuvor gegebenen Antworten in einem Algorithmus und stellt die nächsten Fragen darauf aufbauend für jeden Befragten individuell zusammen.

Die Befragung selbst wurde in enger Zusammenarbeit mit dem internationalen Vertrieb vorbereitet und begleitet, indem alle Befragten persönlich angesprochen und in die Conjoint-Analyse eingeführt wurden, um valide Ergebnisse erhalten zu können. Die Befragung erstreckte sich insgesamt über vier Wochen und wurde über das Internet weltweit bei folgenden drei Zielgruppen durchgeführt:

  1. Externe Kunden
  2. Internationale Vertriebsmanager
  3. Internes Projektteam

Die größte Anzahl von Probanden gehörte zur ersten Zielgruppe, wobei hier zusätzlich nochmals zwischen verschiedenen Funktionen der Befragten unterschieden werden konnte (z.B. Einkäufer, Entwickler, Manager). Die meisten Kunden waren Unternehmen des Anlagen- und Maschinenbaus, die die Hubwerksantriebe in ihren Produkten weiterverarbeiten. Die zweite Zielgruppe der Befragung waren unternehmensinterne sowie -externe Vertriebsmanager, die die Hubwerksantriebe weltweit verkaufen. Schließlich waren auch die Mitglieder des internen Projektteams aufgefordert, die Conjoint-Analyse aus ihrer Sicht zu beantworten, um einen Vergleich zur externen Sichtweise herstellen zu können.

In der letzten Phase wurden die Ergebnisse der Befragung ausgewertet, indem die relativen Wichtigkeiten der Merkmale sowie die Nutzenwerte der einzelnen Ausprägungen berechnet wurden. Die Ergebnisse wurden sowohl separat für die drei Zielgruppen als auch für die gesamte Stichprobe ausgewiesen. Des weiteren wurden Markt- und Segmentanalysen (Sensitivitätsanalysen) durchgeführt, mit denen das Marktverhalten bei Veränderungen ausgewählter Produktmerkmale simuliert wurde. In einem abschließenden Workshop wurden alle Erkenntnisse aggregiert und gemeinsam als Handlungsempfehlungen formuliert, die bei der Entwicklung des neuen Produktkonzeptes für die Hubwerksantriebe Berücksichtigung gefunden haben.

Ergebnisse

Durch die Segmentierung in drei Zielgruppen konnten erhebliche Unterschiede in der Präferenzstruktur zwischen interner und externer Sichtweise aufgedeckt werden. Bei einigen Produkteigenschaften waren Entwicklung und Vertrieb gleichermaßen überrascht, wie stark die Kundenpräferenzen teilweise von den erwarteten Werten abwichen. Die erarbeiteten Handlungsempfehlungen konnten bei einigen Merkmalen direkt in eindeutige Produktkonfigurationen umgesetzt werden. Bei anderen Merkmalen wurden durch die Ergebnisse der Conjoint-Analyse umfangreiche Kundengespräche für eine intensivere Integration der Kundenanforderungen initiiert.

Insbesondere im Bereich der Investitionsgüter hat sich die Conjoint-Analyse als erfolgreiches Instrument erwiesen, um die Kundenintegration in die Neuproduktentwicklung zu steigern. Zudem bietet eine Internet-gestützte Befragung die Möglichkeit, alle relevanten Kundensegmente weltweit einzubinden und somit wertvolle Hinweise für eine kundenwertorientierte Produktgestaltung zu erhalten.

 

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