[07.04.2003]
Bei den meisten Unternehmen wird unter Lieferantenmanagement die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung von Lieferantenbeziehungen verstanden. Dabei ist das Management der Lieferantenbasis, die Lieferantenbewertung und -entwicklung sowie die Lieferantenintegration gemeint. Risiko kann definiert werden als die Gefahr, dass Ereignisse ein Unternehmen daran hindern, seine Ziele zu erreichen bzw. seine Strategien erfolgreich umzusetzen. Somit umfasst Risikomanagement alle notwendigen Maßnahmen zur Identifikation, Bewertung und Beherrschung von Risiken.
Das Problem der meisten Unternehmen ist darin zu sehen, dass Risiken in der Beschaffung lediglich unter dem Versorgungsrisiko subsumiert werden. Dieser Ansatz greift aber zu kurz, da das Versorgungsrisiko meistens materialgruppenorientiert betrachtet wird und lieferantenbezogene Risiken, wenn überhaupt, nur unzureichend bewertet werden. Die Risiken in der Beschaffung sind aber wie ihre potenziellen Auswirkungen viel weiter zu definieren (es kann beispielsweise nach Preis-, Qualitäts-, Technologie- und Lieferzeitrisiken unterschieden werden und den Perspektiven Markt, Lieferant, Prozess und Produkt systematisch zugeordnet werden). Aufgrund der Wichtigkeit des Einkaufs ist es für Unternehmen lebenswichtig geworden, Risiken durch ein Frühwarnsystem rechtzeitig zu erkennen, da diese sich bei deren Realisierung negativ auf die Erreichung vorgegebener Ziele (z. B. Bestandsreduzierung durch Kanban) oder auf die Umsetzung von Beschaffungsstrategien (z. B. Einstandspreisreduzierung durch Global Sourcing) auswirken würden.
Die steigende Anzahl von Insolvenzen und die zunehmende Volatilität der Märkte sind zwei Beispiele dafür, dass lieferanten- und marktbezogene Risiken oft nur reaktiv gehandhabt werden. Des Weiteren ist es besonders wichtig herausstellen, dass die Risikoarten und das Ausmaß des Risikoeintritts stark von der Sourcing-Strategie abhängt.
Aus diesem Grund ist ein effizientes Risiko-Management-System in der Beschaffung zu implementieren, um potentielle Beschaffungsrisiken zu identifizieren, zu bewerten und geeignete Handhabungsstrategien zu definieren. Die Vorteile eines Risikomanagement-Systems in der Beschaffung liegen auf der Hand:
Bei der Konzepterstellung und Implementierung eines Risikomanagement-Systems in der Beschaffung sind zahlreiche Anforderungen zu erfüllen. Zum einen muss ein systematisches und einheitliches Vorgehen, das alle beschaffungsrelevanten Aktivitäten im In- und Ausland umfasst, beim Risikomanagementprozess definiert und implementiert werden. Grundvoraussetzung ist die das frühzeitige und vollständige Erkennen aller wesentlichen Beschaffungsrisiken.
Zum anderen muss aber auch die Risikoaffinität, d. h. die unternehmensindividuelle Festlegung der Risikobereitschaft, durch eine angemessene Risikopolitik definiert werden. Aufbauend auf der Risikoidentifikation ist es notwendig, die Einzelrisiken unter Berücksichtigung von Eintrittswahrscheinlichkeiten zu bewerten und Risikoberrschungsmaßnahmen zur Absicherung zu definieren. Die Effizienz und Eignung dieser Maßnahmen muss in einem beschaffungsorientiertem Risikocontrolling laufend dokumentiert, überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Dieses Vorgehen muss aber immer im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeit der Handhabung betrachtet werden.
Ein beschaffungsorientiertes Risikomanagement-System kann aufgrund der Beurteilungssystematik oder durch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess laufend optimiert werden, aber die Realität mit der Gesamtheit ihrer Störgrößen kann dennoch bewirken, dass sich Risiken realisieren und Schäden entstehen. Aus diesem Grund müssen Unternehmen trotz allem auf solche Fälle vorbereitet sein (z. B. durch Notfallpläne), um die Gefahr zu vermeiden, dass ein funktionierendes Risikomanagement-System nicht durch ein Krisenmanagement-System ersetzt wird.
Weiterführende Literatur:
Seminare und Arbeitskreis: