[25.10.2004]
Die Orte der Komplexitätsentstehung stimmen nur selten mit denen der Komplexitätswirkung überein. Meist wird die Komplexität am Anfang der Wertschöpfungskette durch Vertrieb und Entwicklung generiert und wirkt sich insbesondere in der Fertigung sowie im After Sales und Service-Bereich aus. Dies trifft nicht nur für die Produktkomplexität zu, sondern zeigt sich ebenfalls in der nachfolgenden Service-Vielfalt. Gerade bei Dienstleistungen ist der Zielkonflikt zwischen Individualisierung und Standardisierung besonders gravierend, da bei Dienstleistungen die Produktentstehung und der -verbrauch zeitlich und örtlich zusammen fallen und der Kunde als externer Faktor direkt mit eingebunden ist.
Die klassischen Komplexitätsmanagementansätze zielen fast ausschließlich auf physische Produkte ab. Dabei existieren bereits einige Methoden zur Komplexitätskostenabschätzung im Sinne eines Total Cost of Ownership-Ansatzes. Dieser wird jedoch für Dienstleistungen und speziell produktbegleitende Dienstleistungen nur in geringem Maße eingesetzt.
Ein weiteres Problem sind die nicht konsequent durchgeführten Abkündigungsprozesse. Diese verursachen hohe Komplexitätskosten, da neben den aktuell zu liefernden Produkten gleichermaßen die adäquaten Serviceleistungen der auslaufenden Produkte angeboten werden müssen. Dazu müssen neben dem Know-how zusätzlich das Equipment für Testing und Fehlersuche vorgehalten werden. Insbesondere bei Produkten, die um Software-Applikationen erweitert werden, führen die regelmäßigen Updates und Upgrades zu einer Fülle von neuen Service-Anforderungen.
Auch wird der Erfolgsbeitrag der produktbegleitenden Dienstleistungen nicht gemessen. Grundsätzlich mangelt es jedoch nicht nur an der Transparenz über die Kosten und den Erfolgsbeitrag, sondern auch an der Kenntnis darüber, welchen zeitlichen und inhaltlichen Umfang die angebotenen Services haben sollten. Die Frage, ob die vom Vertrieb angebotenen Service- und Vorhaltezeiten wirklich zu lang sind, kann in den meisten Unternehmen nicht ohne weiteres beantwortet werden. Der Vertrieb bietet den Kunden Lösungen an, ohne die notwendige Kosten-Transparenz über die gesamten Lebenszykluskosten insbesondere der Services zu haben, die in den nachgelagerten Bereichen nach Produkteinführung entstehenden.
Für die Unternehmen stellen sich insbesondere folgende Fragen:
Eine Möglichkeit der Reduzierung der Service-Komplexität liegt bereits bei der Vertragsgestaltung und der Definition der Servicepakete und der Einschränkung von Spezialfällen. Dazu werden die Informationen aus den nachgelagerten Bereichen benötigt, um eine differenzierte und verursachungsgerechte Kostenkalkulation sicherzustellen.
Die Reduzierung der Produktvarianz und der Angebotsvielfalt ist notwendige Voraussetzung für die Einschränkung der Service-Komplexität. Vertrieb und Entwicklung müssen Methoden und Werkzeuge an die Hand gegeben werden, dies von vorne herein zu beschränken und somit das Ausmaß der Komplexität maßgeblich zu bestimmen. Im Seminar ‘Vertriebssteuerung - Identifikation und Realisierung von organischem Wachstum‘ werden diese Fragestellungen diskutiert und Lösungen aus der Praxis vorgestellt.