[08.04.2019]
Im aktuellen Fallbeispiel handelt es sich um ein Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau. Die jährlichen Stückzahlen divergieren zwischen den einzelnen Standorten stark. Mittlere zweistellige bis niedrige fünfstellige Stückzahlen spannen die Extrema auf. Das Wertschöpfungsnetz zeichnet sich durch eine hohe, aber stellenweise unvorteilhafte Eigenfertigungstiefe aus. Auch der organisatorische Reifegrad der einzelnen Standorte weist große Unterschiede auf. In den vergangenen Jahren optimierten sich die Standorte selbst ohne Berücksichtigung von Nachbarwerken. Zudem sind die Investitionen insgesamt überproportional angestiegen aber die Auslastung der deutschen Standorte sogar gesunken. Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären und beheben? Das Unternehmen betraute die Unternehmensberatung TCW mit der Klärung dieser Frage und der Erarbeitung von Gegenmaßnahmen.
Für die Analyse wurde das vom TCW entwickelte Benchmarking-Tool eingesetzt. Das Ergebnis zeigte, dass die Standorte weitgehend unabhängig voneinander agierten. Es fand weder ein Wissensaustausch statt, noch gab es klare Kernkompetenzprofile der einzelnen Standorte, die als Grundlage für eine gesteuerte Allokation der Produktionsumfänge dienen kann. Vielmehr beschaffte jeder Standort Maschinen, um den eigenen Produktionsumfang abzubilden. Das Resultat: Maschinen mit einer Auslastung von um die 50% und stellenweise die gleichen Maschinentypen an unterschiedlichen Standorten. Auch waren die organisatorischen Prozesse sehr unterschiedlich ausgeprägt und entsprachen nur an wenigen Standorten den globalen, zentralen Anforderungen. Es zeigte sich, dass Expertise und Kapazitäten vorhanden waren, diese jedoch nicht richtig allokiert waren. Basierend auf den Ergebnissen des Benchmarkings wurde mit methodischer Unterstützung des TCW ein Qualifikations- und Allokationsplan entwickelt. Anhand dieses terminierten Plans wurden Produktionsumfänge zwischen den einzelnen Standorten verlagert. Binnen eines Jahres wurden Organisation Prozesse auf ein einheitliches Niveau gehoben.
Die Weiterentwicklung des Wertschöpfungsnetzwerks basierend auf einem erprobten TCW-Tool und gliedert sich in fünf Aspekte.
Zunächst wurden mit den relevanten Abteilungen wie der Arbeitsvorbereitung, der Strategieabteilung aber auch Logistik und Qualität alle Kenngrößen identifiziert, die den Reifegrad eines Standorts charakterisieren. Zu jeder dieser Kenngrößen wurde eine fünfstufige, eindeutige Morphologie entwickelt, die die Grundlage für eine standardisierte Erhebung bilden. Die eigentliche Erhebung untergliederte sich in die Erfassung des Reifegrads der Organisation des jeweiligen Standortes, welches zweistufig erfolgte. Im ersten Schritt gaben die Standorte eine Selbsteinschätzung zu jeder der organisatorischen Kenngrößen ab. Diese Selbsteinschätzung wurde in einer zweiten Stufe gemeinsam mit Experten verifiziert. Ferner wurden die technologischen Kompetenzen und Auslastungen erfasst. Aus diesen Ergebnissen wurde ein Profil jedes Standorts erstellt. Der Vergleich zwischen den Standorten und der Abgleich mit einem definierten Zielreifegrad ermöglichte die Identifikation von Entwicklungslücken. So konnten unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen in den Standorten und in den entsprechenden Zentralfunktionen ein Qualifikationsplan erstellt und die notwendigen Schritte für jeden einzelnen Standort priorisiert und terminiert werden. Wichtig hierbei war es, die Standorte nicht zu überfordern und das Tagesgeschäft nicht zu gefährden. Dieser Spagat gelang jedoch durch die Umsetzungsunterstützung des TCW-Teams. Die organisatorische Umsetzung sowie das Controlling dieser erfolgte ebenfalls in Begleitung durch TCW. Review-Meetings am runden Tisch erlaubten allen Beteiligten nach jedem Umsetzungsschritt aus den vorherigen Fehlern zu lernen und den Fortschritt zu dokumentieren.
Ein Wertschöpfungsnetzwerk dient nicht nur dazu, nahe am Kunden zu produzieren und Kosten- und Qualifikationsvorteile unterschiedlicher Standorte zu nutzen. Vielmehr war das Ziel des standardisierten Benchmarkings, den Austausch zwischen den Standorten zu fördern und diese entsprechend ihrer Kernkompetenzen und freien Kapazitäten besser auszulasten, sodass die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden können. Die organisatorische Implementierung eines standardisierten Benchmarkings und eines entsprechenden Prozesses schaffte die Grundlage, fast 100.000 zusätzliche Arbeitsstunden abzuwickeln. Von diesem Umfang konnten in der ersten Implementierungsphase bereits 15.000 Stunden realisiert werden. Konkret konnten in diesem Fall die Auslastungen der Standorte um durchschnittlich 4 Prozentpunkte erhöht werden. Diese Erhöhung sowie das Wachstum des bestehenden Portfolios konnte ohne den Aufbau von Personal realisiert werden.