[09.04.2019]
Nur eine flächendeckende Verfügbarkeit von privaten und öffentlichen Lademöglichkeiten wird der Elektromobilität zum Durchbruch verhelfen. Heute schätzen allerdings viele Kunden die bestehende Versorgungssituation mit öffentlichen Ladesäulen noch als ausbaufähig ein und berücksichtigen diesen Umstand in ihren Kaufentscheidungen. Um einen erfolgreichen Markthochlauf der Elektromobilität in Deutschland zu gewährleisten, müssen verschiedene Akteure in gemeinsamer Arbeit am Ausbau der Ladeinfrastruktur zusammenwirken. Gefordert sind hierbei Politik, Fahrzeug- und Komponentenhersteller, potenzielle Betreiber sowie Investoren. Bislang sind die vorhandenen Lösungsansätze noch zu heterogen und für ein starkes Wachstum der Elektromobilität nicht ausreichend. Im Vordergrund für die Kunden steht zum einen die Verfügbarkeit der Ladeinfrastruktur und zum anderen die Einfachheit und Dauer des Ladevorgangs. Entscheidend wird sein, die Stromproduktion und Strombereitstellung für die Ladeinfrastrukturen umweltverträglich und ressourcenschonend zu organisieren. Elektromobilität und Formen der regenerativen Energieerzeugung müssen in Zukunft also deutlich stärker als bislang miteinander gekoppelt werden, um die Vorteile gegenüber herkömmlichen Antriebsarten auszuschöpfen.
Der Betrieb von öffentlichen Ladesäulen ist derzeit nach Berechnungen des TCW in den meisten Fällen nicht wirtschaftlich. Der Großteil, etwa 85%, der Nutzer lädt das Elektrofahrzeug zu Hause. Diese Tatsache führt zu einer geringen Auslastung der Ladesäulen und somit zu geringerer Rentabilität. Selbst bei Erreichen der Marke von 1.000.000 Elektrofahrzeugen und gleichbleibender Anzahl an Ladepunkten wäre eine attraktive Amortisationszeit nur mit einem Kostenzuschlag bei den Nutzern zu erreichen. Um den flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur voranzutreiben, bedarf es eines politischen Anstoßes. Die jüngsten Ankündigungen der Politik belegen einen Fortschritt in diese Richtung. Neben Zuschüssen und Steuererleichterungen auf Investitionen in den Aufbau einer Ladeinfrastruktur über die Festlegung internationaler Standards für Ladeprotokolle, die Finanzierung zusätzlicher Forschungsarbeiten für neue Ladetechniken bis hin zur Beauftragung von Ladestationen an strategisch wichtigen Punkten bestehen viele Möglichkeiten.
Der langfristige Erfolg der Elektromobilität ist an die Existenz innovativer Geschäftsmodelle für Ladeinfrastrukturen geknüpft. Der Betrieb öffentlicher Ladestationen ist noch stark an staatliche und kommunale Subventionen geknüpft. Um die Wirtschaftlichkeitslücke zu schließen, müssen neue, innovative Geschäftsmodelle entwickelt und bestehende Geschäftsmodelle durch die Bündelung mehrpreisfähiger Lösungspakete oder durch eine Reduktion von Betriebs- und Investitionskosten verbessert werden. Verschiedene Ladesäulenbetreiber nutzen bislang unterschiedliche Bezahlsysteme und Tarife. Für Kunden stellt diese Heterogenität eine Hürde bei einer flächendeckenden Nutzung der Ladeinfrastruktur dar. Zukünftig werden E-Roaming-Plattformen eine bedeutende Rolle spielen. E-Roaming bedeutet für die Kunden eine anbieterübergreifende Verfügbarkeit von Lademöglichkeiten und eine steigende Standardisierung im Markt der Ladeinfrastruktur. Gleichzeitig werden die Ladestationen in die Navigationssysteme und Lade-Apps der anderen Anbieter mitaufgenommen. Wertschöpfungspartnerschaften, wie sie heute schon bei der gemeinsamen Entwicklung von Batterietechnologie existieren, werden ebenso an Bedeutung zunehmen wie Cloud-Dienste oder Abrechnungsnetzwerke auf Blockchain-Basis. Letztendlich gilt es, bei der Gestaltung von Geschäftsmodellen das Nutzenversprechen, die Wertschöpfungsarchitektur und das Ertragsmodell so zu entwickeln, das tragfähige und betriebswirtschaftlich sinnvolle Anwendungen für die Nutzung und den Betrieb von Ladeinfrastruktur entstehen.