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Globalisierung: Schritte zur Eroberung des Weltmarktes

[23.10.2000]

Foto: WavebreakmediaMicro / fotolia.com
Die Durchdringung der nationalen Volkswirtschaften mit internationalen Elementen ist der wesentliche Veränderungsfaktor der Gegenwart. Und dies hat Folgen für das Management.

Anpassungspfad der Wertschöpfungskette

Der Weg auf die globale Ebene vollzieht sich in vier Schritten:

  • Das standardisierte Produkt wird über den Aufbau einer internationalen Vertriebsorganisation auf die Zielmärkte gebracht. Lokale Handelsvertreter übernehmen die Bearbeitung der Schlüsselmärkte. Der Anbieter seinerseits baut ein Servicenetz auf, das ihm wichtige Erkenntnisse über das Funktionieren des Marktes und die speziellen Kundenwünsche einbringt. Erst danach steigt der Anbieter in die lokale Produktion auf den fremden Märkten ein.
  • In der abschließenden Phase baut der Anbieter ein internationales Netzwerk von Produktionen auf. Er wird bestimmte Schwerpunkte für bestimmte Aufgaben auf den unterschiedlichen Märkten definieren. Das jeweils in der Region zuständige Management übernimmt die weltweite Verantwortung für einen Produktbereich: Von der Entwicklung bis zur Produktion des Produktes für alle anderen Märkte.
  • Der krönende Abschluss ist die Realisierung eines internationalen Netzes für die Entwicklung neuer Produkte. Hierbei kommt es an den einzelnen Standorten zu Schwerpunktbildungen. Durch die Nutzung der elektronischen Kommunikation entsteht ein Netzwerk der Entwickler, in dem Experten an verschiedenen Orten gleichzeitig an der Lösung einer Aufgabe arbeiten.
  • Verteilte Entwicklungszentren sind die Grundlage eines ‘engineering around the world‘, das zu einem wichtigen Instrument bei der Verkürzung von Entwicklungszeiten geworden ist. In der Endphase wird der Aufbau des Netzwerkes, das zur Aufhebung der Distanzen führt, zur entscheidenden Basis für die Erringung von Wettbewerbsvorteilen.

Anpassung über differenzierte Zulieferstrategien

Die Reduzierung der Fertigungstiefe und der Abbau der Komplexitätskosten führte schon in der Vergangenheit zu einer Strukturverschiebung bei den Zulieferunternehmen. Es kam zu einer Konzentration auf wenige und leistungsfähige Unternehmen, die ihrerseits wiederum einige Partnerschaften mit Unterlieferanten aufbauten. Den Sprung auf die globale Bühne kann der Zulieferer zusammen mit dem Abnehmer schaffen, wenn er bereits in der Ideen- und Konzeptphase seine Entwicklungskapazitäten mit denen des Abnehmers kombiniert. Abnehmer und Zulieferer arbeiten dabei in einem Netzwerk zusammen, das die Stärken der beiden beteiligten Firmen zur Entfaltung bringt. Der Sprung vom Teilefertiger zum Entwicklungspartner macht den Zulieferer auch bei der Globalisierung des Abnehmers zu einem unverzichtbaren Partner. Die Reduzierung der Entwicklungskosten und der Zeitgewinn sind für eine Partnerschaft wichtige Vorteile beim Aufbau gemeinsamer Auslandsaktivitäten. Im Gegensatz zur Anpassung über die Wertschöpfung ist bei der Zulieferstrategie häufig die feste Bindung an einen Partner die wichtigste Grundlage. Das heißt, die Globalisierung wird sich in dem Rahmen bewegen, den der Abnehmer vorgibt. Das gilt zumindest in der ersten Phase. Wenn der Zulieferer seinerseits ein Netzwerk mit seinen Kooperationspartnern (Unterlieferanten) aufbaut, werden sich auch Spielräume außerhalb der engen Partnerschaft mit dem Abnehmer eröffnen. Hierbei kann es dann zur Entwicklung von international standardisierten Produkten kommen, die auf eigene Initiative vermarktet werden. Für die Umsetzung der Zukunftsaufgaben erfolgreicher Unternehmen stehen neun Herausforderungen in Form von Thesen im Vordergrund:

1. Homogene Produkte und die Beherrschung der Komplexität sind Schlüssel für die Erschließung globaler Märkte

Die divergierenden Anforderungen der Märkte und das Primat der Kundenorientierung fordern eine ständige Ausweitung der Produktvarianten und der Produktprogramme. Die Notwendigkeit, Innovationen rasch zu verarbeiten und unterschiedliche Anforderungen der Kunden zu berücksichtigen, führen das Management leicht in eine Komplexitätsfalle. Der Ausweg liegt in der Beherrschung der Komplexität. Sie erfordert ein Umdenken, das bereits in der Produktion einsetzen muss.

2. Die globale Arbeitsteilung erfordert ein aktives Wissensmanagement

Durch die aufgefächerte Unternehmensstruktur müssen neue Wege gefunden werden, um das Know-how des Unternehmens jeweils im richtigen Augenblick an der richtigen Stelle zur Wirkung zu bringen. Das Management des unternehmensinternen Wissens besteht aus einer Kombination zentraler mit dezentralen Aktivitäten im Bereich der Wissensermittlung und dessen Weitergabe im Unternehmen. Die Einrichtung von Kompetenzzentren in unterschiedlichen Produktionsstandorten führt zur Bildung von Brennpunkten, in denen das Unternehmenswissen gesammelt und in Anwendung umgesetzt wird. Die zentrale Steuerung stellt dabei den freien Fluss des Wissens im Unternehmen und die Generierung neuer Erkenntnisse aus dem Umfeld sicher.

3. Service-Engineering wird zum Motor der Kundenanbindung

Die Entwicklung vom nur produzierenden Unternehmen zum serviceorientierten Anbieter prägt globale Strategien. Die Strategie muss auf die Lösung der Kundenprobleme ausgerichtet werden. Entscheidender Punkt ist die Einbindung der Kunden in die unternehmerischen Aktivitäten. Eine Service-to-Success-Strategie, bei der das anbietende Unternehmen die Lösung der Kundenprobleme im internationalen Maßstab zur Triebfeder der eigenen Aktivitäten macht, ist eine wesentliche Grundlage globaler Entwicklungsstrategien.

4. Stakeholder Values dürfen nicht auf dem Altar der Shareholder Values geopfert werden

Globale Unternehmen sind auf das Know-how und die Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter stärker angewiesen als klassische Exportunternehmen. Die weite Spreizung der Aktivitäten macht das Management der Human Ressources zu einem Eckpfeiler des Unternehmenserfolges. Der Mitarbeiter rückt als Agent der internen Internationalisierung in das Zentrum der unternehmerischen Strategie.

5. Schnelligkeit und Flexibilität sind auf der internationalen Bühne Grundlagen des Erfolges

Die Verkürzung der Lebenszyklen von Produkten jeder Art und die Akzeleration bei der Umsetzung von Wissen in marktrelevante Strategien sind auf internationaler Ebene entscheidende Faktoren. Das Unternehmen muss sich bewusst für neue Entwicklungen offen halten. Nachzüglerstrategien, die im nationalen Rahmen noch erfolgversprechend sein können, sind bei einem globalen Player kein brauchbares Konzept. Wettbewerbsvorteile gehen regelmäßig an die Anbieter, die in ihren Bereichen auch die Pioniere sind.

6. Die Beherrschung von Netzwerkstrukturen und Kooperation auf globaler Basis sind entscheidende Techniken für den internationalen Erfolg

Gerade mittelgroße Unternehmen sind auf das Arbeiten in Netzwerken angewiesen, wenn sie weltweit expandieren. Die Kooperation mit einer Mehrzahl von Partnern und bei verschiedenen Aufgabenstellungen sind wesentliche Grundlage einer expansiven Strategie. Die Beherrschung von Netzwerkstrukturen führt zur Verbreiterung des Know-hows und zur besseren Ausnutzung finanzieller Ressourcen sowie der eigenen Kompetenzen. Für den Sprung auf die internationalen Märkte sind Kooperationen in vielen Fällen einer Übernahmestrategie vorzuziehen. Im Netzwerk bleiben die Unternehmenskulturen erhalten, die Stärken der Partner aber werden durch die Konzentration auf bestimmte Aufgaben potenziert.

7. Die Konzentration auf Kernkompetenzen ist wichtiger denn je

Angesichts der Verschärfung des Wettbewerbes durch den Abbau länderspezifischer Schutzwälle wird die Konzentration auf die eigenen Stärken ein entscheidender Faktor. Die Weltklasse auf einem oft nur schmalen Gebiet kann den Anbieter attraktiv für Kooperationen machen, die wiederum der Schlüssel für weltweite Markterschließung sind.

8. Der Ausbau des Wissens und die Umsetzung in Innovationen sind Kennzeichen eines Spitzenreiters

Die Aufgeschlossenheit für neue Entwicklungen und die ständige Suche nach neuen Ansätzen im Bereich der eigenen Kompetenzen sind eine zentrale Aufgabe des globalen Managements. Die Pflege und Verdichtung des vorhandenen Wissens ist ein vielversprechender Weg bei der Suche nach Innovationen, die den Markt begeistern. Die Implementierung einer Innovationskultur gehört zu den zentralen Aufgaben internationaler Unternehmen.

9. Implementierung neuer Techniken wird zur Aufgabe des Managements

Das hohe Tempo der technischen Entwicklung in der Informationstechnologie verändert die Arbeitsabläufe und die Möglichkeiten optimaler Ausnutzung der eigenen Ressourcen in einer bisher nicht gekannten Geschwindigkeit. Globale Unternehmen nutzen die rasanten Fortschritte der Informationstechnologie ohne Zögern aus. Die Umsetzung des Internets in die unternehmerische Strategie führt zu totalen Veränderungen des Wettbewerbes. Die Offenheit für neue Entwicklungen macht Unternehmen zu Pionieren, die die Spielregeln des Geschäftes neu definieren.

Global ist mehr als Export im Quadrat

In jedem Unternehmen ist die Einstellung der Mitarbeiter eine der entscheidenden Grundlagen für die Entwicklung des Geschäftes. Das Selbstverständnis der Menschen bestimmt ihr Handeln. Wenn ein Exportunternehmen in der Vergangenheit erfolgreich war, dann beruhen diese Erfolge auf der Mentalität der Mitarbeiter, aus einem nationalen ein international anerkanntes Produkt zu machen. Wenn alles gut geht, werden sie dann gemeinsam Weltmeister im Export. Das Exportdenken ist für ein globales Unternehmen nicht mehr zielführend. Der Mitarbeiter muss bei seinen Entscheidungen über den nationalen Horizont hinauswachsen. Er muss in der Lage sein, die einzelnen Märkte, Produkte und Standorte des Unternehmens aus einer globalen Sicht zu verstehen und zu beurteilen. Diese Anforderung, die ja irgendwie auch einem Raub der Heimat gleichkommt, ist nur schwer zu erfüllen. Vermutlich braucht es eine jahrelange Entwicklung, bis sich die Mitarbeiter von der nationalen Sicht der Dinge völlig freimachen können. Das ändert nichts an der Notwendigkeit, einen globalen Status so schnell und so breit wie möglich in den Unternehmen einzuführen. Dabei bietet sich ein rationaler Approach über das Management des Wissens an. Das im Unternehmen und auf den verschiedenen Märkten vorhandene Wissen wird dabei systematisch für die Zwecke des Unternehmens erfasst. Das Management macht die Aufbereitung des vorhandenen Wissens zu alltagstauglichen Tools zu einer Kernkompetenz der Organisation. Durch die strategische Ausrichtung, Wissen als Kernkompetenz zu betrachten, können globale Unternehmen einen internen Wissensstand erreichen, der die Wettbewerbsposition wesentlich verbessert. Ausserdem treten an die Stelle von Gepflogenheiten oder bisher üblichen Vorgehensweisen international begründete Methoden. In Workshops, über Wettbewerbe, Peer Groups und Research Teams wird das Wissen offiziell gemacht. Aus den Vergleichen ergeben sich Vorgaben für Best Practice. Aus den Vorgaben wird eine Vereinheitlichung der Methoden und Problemlösungen realisiert. Eine Objektivierung auf globaler Basis führt zu einem besseren Verständnis der anderen Märkte. Durch die Aufbereitung des internen Wissens wird dem jeweils anderen Markt die Fremdartigkeit genommen. Damit ist ein grosser Schritt getan. Der Erfolg des globalen Unternehmens beruht auf dem Verständnis und auf der Aufgeschlossenheit, mit der die Mitarbeiter das Geschehen auf den weltweiten Märkten der Produkte und des Wissens beobachten und verinnerlichen. Die globale Organisation beginnt erst dann ihre wahren Kräfte zu entfalten, wenn sie alle Anregungen und Erfolgsmöglichkeiten aufnimmt und für den eigenen Erfolg umsetzen kann.

Weiterführende Literatur:

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