^

Komplexitätsreduzierung in einem Unternehmen der Baumaschinenbranche

[05.05.2010]

Foto: alphaspirit / fotolia.com

Ausgangssituation

Die Komplexität der Produkte eines führenden, deutschen Herstellers von Baumaschinen hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Besonders stark betroffen hiervon ist die Kernproduktsparte, da sie sich aufgrund von ausgelaufenen Patenten vom Wettbewerb hauptsächlich nur noch durch eine Vielzahl von Individualisierungsmöglichkeiten differenzieren kann. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, ist eine Abgrenzung mittels Innovation gegenüber den Nachahmern nur stark eingeschränkt möglich, da sich das Maschinenkonzept über die Jahrzehnte bewährt hat und der Markt größere Produktveränderungen nicht akzeptiert. So hat der Kunde derzeit die Wahl zwischen fünf verschiedenen Grundmodellen die jeweils nahezu unbegrenzte Individualisierungsmöglichkeiten bieten. Da die reine Funktionserfüllung dabei aber bei allen Maschinen nahezu identisch ist, fehlt dem Kunden auch eine Transparenz darüber, welche Maschinenvariante die für ihn optimale ist.

Das Unternehmen produziert einen Großteil der Bauteile selbst und ist für die Montage verantwortlich. Spezialkomponenten werden zugekauft. Der hohe Individualisierungsgrad der Produkte führte dazu, dass das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, die günstigen Einstiegspreise der Wettbewerber für Standardmaschinen zu halten und ein Auftragsrückgang zu verzeichnen ist.

Zielsetzung des Projekts war es, die Komplexität der Kernproduktsparte so weit zu reduzieren, dass dem Kunden ein transparentes Produktportfolio mit vielen Individualisierungsmöglichkeiten angeboten werden kann, die interne Komplexität erheblich gesenkt wird und gleichzeitig alle Kundenanforderungen bei gesenkten Herstellungskosten erfüllt werden.

Vorgehensweise

Um der mehrdimensionalen Zielsetzung gerecht werden zu können, wurden in einem ersten Schritt mittels einer Produktklinik die einzelnen Produktvarianten genauestens untersucht, Kosteneinsparungen identifiziert und ein Wettbewerbsvergleich vorgenommen. Parallel hierzu wurden mit Hilfe einer Conjoint-Analyse die Kundenwünsche erhoben und Zusatzausstattungsumfänge auf ihre Mehrpreisfähigkeit hin untersucht. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wurde der Produktionsprozess der Maschinen analysiert und Variantenbestimmungspunkte lokalisiert. Gleichzeitig wurden Verbesserungsmaßnahmen zur produktionssynchronen Gestaltung des Auftragabwicklungsprozesses identifiziert.

Um eine erhebliche Variantenreduzierung realisieren zu können und zugleich allen Kundenwünschen gerecht zu werden, wurden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Grundmodelle herausgearbeitet und zusammen mit der Konstruktionsabteilung Konzepte entwickelt, alle Vorteile in einem einzigen Grundrahmen zu vereinen. Zielsetzung bei der Entwicklung war dabei auch, den Rahmen so modular zu gestallten, dass auf ihm alle Untervarianten aufbauen können.

Alle Ergebnisse der Vorphasen des Projektes wurden final in einem morphologischen Kasten zusammen getragen, unter Beachtung der Kundenwünsche in einem interdisziplinären Kernteam zielorientiert diskutiert und zu einem neuen Produktportfolio zusammengeführt.

Ergebnisse

Ausgehend von sechs verschiedenen Grundmodellen, sieben Ausstattungslinien und diversen Individualisierungsoptionen bei jedem von diesen konnte ein konkretes Konzept entwickelt werden, das eine Reduzierung des Produktportfolios auf eine Grundversion mit Einheitsrahmen ermöglicht. Aufbauend auf diesem Grundmodell werden zukünftig nur noch drei Ausstattungsvarianten angeboten, von denen die eine als günstiges Einstiegsmodell, die zweite als Sonderversion für ausländische Märkte und die dritte als Premiummodell konzipiert ist. Die nahezu unveränderbare Einsteigerversion sowie die vorkonfigurierte Auslandsversion können dabei in großen Stückzahlen auf Lager produziert werden und preislich somit in den direkten Preiswettbewerb zu den Nachahmern treten. Das Premiummodell erfüllt durch seine gehobene Grundausstattung die Anforderungen der Stammkunden und ermöglicht eine modulare Individualausstattung durch eine Kombination von Ausstattungspaketen und Einzelausstattungen. Durch die Vereinheitlichung auf einen Grundrahmen konnte der Variantenbestimmungspunkt in der Produktion weit nach hinten in die Montage verlagert und eine starke Erhöhung der Gleichteile ermöglicht werden. Die Abbildung der Prozesse in den EDV Systemen wurde somit auch erleichtert.

Die klare Abgrenzung der Ausstattungsvarianten bietet dem Vertrieb eine fundierte Grundlage für die Verkaufsargumentation und erhöht zudem für den Kunden die Transparenz. Der Disposition wird die Produktionsplanung erleichtert und Lieferzeiten können exakter bestimmt werden.

VorherigeNächste