[29.09.2015]
Durch die Conjoint-Analyse wird es möglich, Kundenpräferenzstrukturen und mehr-preisfähige Eigenschaften bei modularen Hausbausystemen für verschiedene Anwendergruppen zu ermitteln. Durch die Ermittlung der aus Kundensicht zentralen Eigenschaften, Merkmale und Funktionalitäten eines modularen Hauses und der daraus resultierenden Mehrpreisfähigkeit lassen sich Handlungsempfehlungen zur Gestaltung modularer Hausbaukästen ableiten. Durch Gespräche, die mit Experten aus unterschiedlichen Bereichen im privaten und gewerblichen Hausbau geführt wurden, konnten die Struktur- und Nutzenkriterien sowie konkrete Ausprägungsformen abgeleitet werden. Als zentrales Differenzierungselement der Kundenpräferenzprofile wurden das Einkommen, das Alter und die Art der Immobilie gewählt.
Zudem wurden 11 kaufentscheidende Kriterien identifiziert, die den Kundenwert eines modularen Hauses in Russland zum größten Teil darstellen. Das erste Merkmal „Individualisierbarkeit der Geometrie der Raummodule“ bezieht sich auf das Ausmaß, in dem die Grundrisse der einzelnen Raummodule durch den Kunden beeinflusst werden können. Durch das zweite Merkmal „Grad der Fertigstellung und Individualisierbarkeit der Ausstattung“ wird die Präferenz hinsichtlich des Fertigstellungsgrades der Immobilie bei Übergabe an den Kunden sowie der Grad der Individualisierbarkeit der Innenausstattung bei einem hohen Fertigstellungsgrad abgefragt. Mit den Merkmalen drei bis sieben wurden mit den Fragestellungen zur Art des Kellers, Art des Balkons, Art der Dachform, Art der Fassade und Art der Fenster die Präferenzen der äußeren Gestaltung der Häuser in Russland abgefragt. Darüber hinaus wurden mit den Merkmalen acht und neun –Energieeffizienz und Ausprägung des Schallschutzes – die relevanten Eigenschaften eines Hauses in Russland abgefragt, die einen Einfluss auf die Gestaltung der Gebäudestruktur haben. Das zehnte Kriterium, die „Flexibilität der Immobilie“ bezieht sich auf die Möglichkeit, das modulare Haus im Laufe des Lebenszyklus durch das Hinzufügen, Entfernen und Austauschen einzelner Raummodule an neue Lebensumstände und Bedürfnisse anzupassen. Als letztes kaufentscheidendes Kriterium konnte der „Umfang des Leistungsspektrums im Bauprozess“ abgeleitet werden, dessen Ausprägungsraum sich von der reinen Bauleistung bis zur ganzheitlichen Projektrealisierung erstreckt. Zudem wurden spezifische Mehrpreisfragen für verschiedene Zusatzeigenschaften erhoben. Neben unterschiedlichen Energieeffizienzstufen, von dem KfW 40 Standard bis zum Passivhaus wurden passive und aktive Einbruchsschutzsysteme, die äußere Gestaltung des Hauses, erweiterte Serviceangebote und Komforteigenschaften hin-sichtlich der Mehrpreisfähigkeit in Russland abgefragt. Im Ergebnis konnte eine Grundgesamtheit von über 500 Teilnehmern erzielt werden, die in vier unterschiedliche Ein- und vier Mehrfamilienhauscluster unterteilt und hinsichtlich ihrer Präferenzstrukturen und Mehrpreisbereitschaften analysiert werden konnten.
Die Kunden von Einfamilienhäusern in Russland schätzen ein hohes Maß an Individualisierbarkeit, bei der Gestaltung des Grundrisses. Darüber hinaus fordern diese Kunden einen vollwertigen Keller als Lagerraum. In Bezug auf das äußere Erscheinungsbild des Hauses fordert der russische Kunde Kunststofffenster in einer Standardgröße, ein Satteldach und eine verklinkerte Fassade. Darüber hinaus achtet der russische Kunde beim Kauf eines Familienhauses auf den Balkon, der in Form eines Loggia-Balkons gestaltet sein sollte. Aufgrund des Grundstückes und der Möglichkeit eine Terrasse vorzusehen, ist der Balkon in Russland kein wichtiges Kaufkriterium bei einem Einfamilienhaus. Die Energieeffizienz hat ebenso keine Relevanz für die Kaufentscheidung, sollte jedoch mindestens einen mittleren Wert aufweisen. Da sich die Lebenssituation von Familien, die in ein Einfamilienhaus investieren, ändern kann, ist die externe Flexibilität von Bedeutung. Sobald die Kinder aus dem Haus ausziehen, wollen die Hausbesitzer in der Lage sein, sich an die neuen Lebensbedingungen ohne großen Aufwand anzupassen. In einem Produktportfolio für den russischen Markt sollten drei verschiedene Einfamilienhäuser vorhanden sein. Das Haus für junge und kleine Familien sollte über eine Wohnfläche von ca. 115 m² und 3 bis 4 Zimmer verfügen. Das mittelgroße Haus sollte eine Fläche von etwa 135 m² mit 2 Stockwerken und 4 bis 5 Zimmern aufweisen. Das große Haus für Familien mit hohem Einkommen sollte eine Wohnfläche von ca. 160 m² haben.
Für Kunden die in ein Mehrfamilienhaus investieren, ist ein individuell gestalteter Grundriss kein kaufentscheidendes Produktmerkmal. Den Kunden ist es wesentlich wichtiger einen Loggia-Balkon und Kunststofffenster in Standardgrößen zu haben. Da in Mehrfamilienhäusern mehrere Familien auf engem Raum leben, ist auch der Schallschutz von großer Bedeutung für die russischen Kunden. Analog zum Einfamilienhaus, sollte die Fassade auch beim Mehrfamilienhaus mit Klinker-steinen gestaltet werden. Eine volle Unterkellerung des Mehrfamilienhauses ist eine geschätzte Option, aber nicht kaufentscheidend. Das Mehrfamilienhaus sollte 4 Stockwerke mit jeweils einer Fläche von ca. 500 m² besitzen. Für die unterschiedli-chen Käufergruppen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in Russland sollten drei verschiedene Grundrissvarianten angeboten werden:
Die Ergebnisse der Kundenpräferenzanalyse im russischen Bauwesen wurden in Abbildung 1 zusammengefasst.
Die Anwendung der Conjoint-Analyse liefert wertvolle Einblicke in die vorherrschenden Präferenzstrukturen für den modularen Hausbau in Russland. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass ein zentraler Erfolgsfaktor für den weiteren Entwicklungsprozess des modularen Hausbaus in der durchgängigen Kundenwertorientierung des Modulkonzepts liegt. Hierzu gilt es die zentralen Mehrwerte, die sich aus der industrialisierten Produktion flexibler Raummodule ergeben, gezielt an den Kunden in den unterschiedlichen Marktsegmenten auszurichten. Im Rahmen der Analyse konnte aufgezeigt werden, dass sich die Präferenzstrukturen in den Anwendungsfeldern des modularen Hausbaus trotz der heterogenen Ausprägung durch das flexible Modulkonzept abbilden lassen. Durch ein kundengruppengerechtes Moduldesign kann das Leistungsprofil der modularen Hausstrukturen harmonisiert und das Differenzierungs- und Mehrpreispotenzial optimal ausgenutzt werden.