[22.05.2012]
Die langfristige Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen spiegelt die Trends des Wirtschaftsgeschehens wider. Nach einem Anstieg der Insolvenzen im Zuge der Wirtschaftskrise, stagniert die Anzahl der Unternehmenspleiten jedoch auf hohem Niveau. Traditionsreiche Unternehmen wie Märklin, Rosenthal, Karstadt oder Quelle waren prominente Beispiele für Unternehmen, die der Krise nicht standhalten konnten.
Die Analyse der Krisenursachen zeigt, dass viele Unternehmenskrisen hausgemacht sind und durch eine Wirtschaftskrise nur schneller eintreten. Viele Unternehmen sind aus Sicht von Insolvenzverwaltern nicht richtig auf den Umgang mit der Krise vorbereitet. Befindet sich ein Unternehmen in einer Krisensituation, ist eine genaue Analyse erforderlich. Schwachstellen müssen aufgedeckt werden, um frühzeitig gegensteuern zu können. Wesentlich zielführender ist es jedoch, anhand einer standardisierten Systematik Schwachstellen zu identifizieren und strategische Optionen zu erkennen, um den Weg aus der Krise zu meistern. Als Hauptursachen für eine Unternehmenskrise bis hin zur Insolvenz stehen neben Auftragsmängeln und -einbrüchen, Absatzrückgänge bei gleichbleibenden Fixkosten, Liquiditätsschwierigkeiten sowie im Schwerpunkt die restriktive Kreditvergabe der Banken und sonstiger Gläubiger. Oftmals ist das „herkömmliche“ Kreditvolumen bei Banken bereits ausgeschöpft, sodass auf diesem Weg keine Kapitalbeschaffung mehr möglich ist. Geraten Unternehmen in eine solche Situation, in der sie keine Sicherheiten für Kredite mehr liefern können, müssen sie mit einer überzeugenden Strategie Risikokapital einwerben. Implizite Unternehmensressourcen spielen dabei eine wesentliche Rolle. Sie müssen erkannt und bewertet werden, um eigene Stärken darzustellen und Kapitalgeber von ihnen zu überzeugen. Dadurch kann das Unternehmen weitere Unterstützung erhalten und seinen Fortbestand nachhaltig sichern.
Um die Herausforderungen einer Unternehmenskrise meistern zu können, gilt es Faktoren zu finden, die auf Seiten der etwaigen Kapitalgeber Vertrauen schaffen, obwohl die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse alles andere als vertrauensbildend sind. Zu diesem Zweck bieten die Bausteine des EFQM-Modells für Excellence Abhilfe. Dieses Modell liefert einen anerkannten Weg zur Identifizierung unternehmerischen Leistungsvermögens.
Vor dem Hintergrund, dass es sich jedoch bei dem betrachteten Unternehmen um eine krisengeschüttelte Organisationen handelt, deren Ziel nicht darin besteht für hervorragende Leistung ausgezeichnet zu werden, sondern finanzielle Mittel einzuwerben, wird es notwendig das Modell an die vorliegenden Rahmenbedingungen anzupassen. Aufgrund der bereits erwähnten Defizite im Bereich der betriebswirtschaftlichen Ergebnisse werden diese in der Betrachtung ausgeklammert. Zudem ist es sinnvoll den ursprünglichen Baustein des EFQM-Modells „Partnerschaften und Ressourcen“ in die Faktoren „Lizenzen und Patente“, „Ideen und Innovationen“, „Kunden und Lieferanten“, „Produkte und Produktprogramm“ sowie „Gesellschafter und weitere Kapitalgeber“ aufzuteilen, um eine differenzierte Bewertung zu ermöglichen. Im Bereich der Produkte und des Produktprogramms ist vor allem die Bewertung derjenigen Produkte erforderlich, die sich noch im Entwicklungsprozess befinden. Im Bereich der Organisation und Prozesse gilt es, die Besonderheiten der unternehmensinternen Abläufe hervorzuheben. Hierzu sind Methoden anzuwenden, mithilfe derer eine Analyse der Aufbau- und Ablauforganisation eines Unternehmens ermöglicht wird. Ebenso müssen Prozessinnovationen möglichst exakt betrachtet werden. Der Wert der Prozesse, aber auch kontinuierliche Verbesserungsansätze sind ein Merkmal, das als Argument bei der Kapitalbeschaffung eine Rolle spielen kann. Für Lizenzen und Patente existiert eine Vielzahl an Bewertungsansätzen. Sie stellen eine anerkannte Kreditsicherheit dar. Ideen und Innovationen sind ein wesentliches Mittel zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens.
Als Argumentationsgrundlage gegenüber Kapitalgebern sind daher auch diese Werte anzubringen. Kunden sowie Unterstützungsleitungen von Lieferanten bilden in einer ganzheitlichen Betrachtung der Abwendung von Unternehmenskrisen einen hohen Wert für das geschwächte Unternehmen. Selbstverständlich stellen auch die Mitarbeiter des Unternehmens als ausgebildete und erfahrene Know-How-Träger eine bedeutende Unternehmensressource dar. Gesellschafter sowie sonstige Kapitalgeber bilden einen weiteren Baustein in der Beschaffung liquider Mittel. Neben klassischen Finanzierungsmodellen (Darlehen, Kredit) und Bail-outs bieten sich Finanzierungsmodelle an, die zwischen Eigen- und Fremdkapital liegen.
Die Unternehmensstrategie stellt einen essenziellen Aspekt zur Fortführung des Betriebes für den Weg aus der Krise dar. Zur Fortführung eines in der Krise befindlichen Unternehmens muss ein überzeugendes Konzept vorgestellt werden. Unternehmen müssen eine Strategie entwickeln, die potenzielle Geldgeber von der Zukunftsfähigkeit des eigenen Unternehmens überzeugt, um so Kapital zu gewinnen. Die Grundlage für die Strategie bilden die identifizierten impliziten Ressourcen. Eine wesentliche Rolle nimmt hierbei auch das Turnaround Management ein. Es dient der Ableitung einer konkreten Strategie zur langfristigen Unternehmenssicherung. Dabei kann auf bereits bestehende Ansätze zur Ausrichtung des Unternehmensportfolios und der Geschäftsfelder zurückgegriffen werden. Diese Felder stellen auch für potenzielle Geldgeber ein wichtiges Entscheidungskriterium dar. Die Prioritäten liegen hier in der verstärkten Konzentration auf Kernkompetenzen, der Wiederherstellbarkeit der Liquidität, der langfristigen Produktverbesserung und der Pflege der neuen Corporate Identity. Eine erfolgreiche Unternehmenssanierung ist geprägt durch verschiedene Maßnahmenbündel auf strategischer, taktischer und operativer Ebene. Durch die Bewertung impliziter Unternehmensressourcen und der Ableitung einer fundierten Unternehmensstrategie im Turnaround-Management werden Geldgeber schließlich überzeugt, Unterstützungsleistungen, sowohl monetärer als auch nicht-monetärer Form für erfolgversprechende Geschäftskonzepte zu vergeben. Darüber hinaus soll das ganzheitliche Strategiekonzept auch intern Verbesserungspotenziale aufzeigen, die das Unternehmen auf dem Weg aus der Krise unterstützen.