[18.04.2018]
In der aktuellen Fallstudie handelt es sich um ein Unternehmen aus der Maschi-nenbaubranche, welches bei der Formulierung der Produktspezifikation eine erhebliche Komplexität für die Konstruktion, die Produktion sowie den Einkauf erzeugte, da die Kundenanforderungen ohne Systematik aufgenommen wurden. Durch die Aufnahme der Anforderungen über den Vertrieb sind Produktanforderungen eingeflossen, welche die Komplexität in verschiedenen Bereichen erheblich erhöht haben. Dies hat sich auch in der Variantenvielzahl des Produktportfolios widergespiegelt. Dabei werden bestimmte Produktvarianten über das Jahr nur in einer geringen Stückzahl produziert. Ein weiteres Problem ist die fehlende Möglichkeit, bestimmte Unternehmensbereiche von ihren überhöhten Kundenanforderungen abzubringen. Durch die fehlende Systematik bei der Aufnahme der Kundenanforderungen ergab sich im Laufe der Zeit eine immer komplexere Spezifikation. Dies hatte zur Folge, dass die Produktherstellungskosten, die Variantenzahl sowie die Komplexität im Unternehmen stetig gestiegen sind. Die wirklichen Kundenanforderungen von der breiten Kundenmasse fließen nur bedingt ein. Es fehlt ein systematisches Vorgehen, welches es ermöglicht, die Kundenansprüche hinsichtlich der Kosten-Nutzen-Relation korrekt zu erfassen. Zur kundengerechten Formulierung sowie zur Reduktion der Komplexität, hat das Unternehmen mithilfe der Unternehmensberatung TCW die Methode der Conjoint Analyse eingesetzt, um die oben genannten Probleme in den Griff zu bekommen.
Die Conjoint Methode differenziert sich klar von einer klassischen Befragung. Eine klassische Befragung hat als Ergebnis nur eine Tendenz der jeweiligen Ausprägungen des Produktes. Durch den Einsatz einer Conjoint Befragung muss sich der Kunde zwischen entsprechenden Ausprägungsvarianten entscheiden, wodurch die relative Wichtigkeit der einzelnen Ausprägungen quantifizierbar wird. In der Wissenschaft werden verschiedene Arten der Conjoint Methode eingesetzt. In der beschriebenen Fallstudie kommt eine „adaptive“ Conjoint Befragung zum Einsatz. Dabei werden dem Kunden in der ersten Phase der Befragung verschiedene Produktausprägungen vorgestellt, welche entsprechend der Antwort im weiteren Verlauf teilnehmerspezifische Fragen erstellen. Durch diese Variante wird es möglich, die Befragungskomplexität zu reduzieren aber dennoch die benötigte Qualität der Antworten sicherzustellen. Die Conjoint Methode erlaubt es nun mittels Rechenalgorithmen, die relative Wichtigkeit der Produktausprägungen zu bestimmen. Das Ziel der Conjoint Analyse ist die Gestaltung eines kundennutzenoptimalen Produktes.
Zur Erfassung der kundenspezifischen Merkmale werden cross-funktionale Workshops mit Mitarbeitern aus der Entwicklung, der Beschaffung, dem Vertrieb und der Produktion durchgeführt. Darüber hinaus sind ebenfalls Mitarbeiter aus dem Service oder dem Marketing involviert, um alle Perspektiven des Produktes zu erfassen. In der vorgestellten Fallstudie wurden insgesamt drei Workshops zur Ermittlung der Einleitungs-, Merkmals- und Ausprägungs- sowie der Mehrpreisfragen durchgeführt. Nach der Implementierung des Fragebogens sowie der Übersetzung in verschiedene Sprachen wurde eine weltweite Platzierung der Befragung durchgeführt. Durch diese Maßnahme kann gewährleistet werden, dass regionsspezifische Kundenwünsche entsprechend erfasst und berücksichtigt werden können. Das TCW unterstützt neben der Umsetzung der Befragung auch den Rollout sowie das laufende Rückläufercontrolling. Durch das nationale und internationale Netzwerk des TCW wurden spezifische Kundengruppen ausfindig gemacht und befragt.
Das Ziel der Befragung ist es, die Produktspezifikation des betrachteten Unternehmens kundenorientiert auszugestalten sowie Overengineering am Produkt zu vermeiden. Durch die Ergebnisse aus der Conjoint Analyse konnten Einsparpotentiale von 31 % am Produkt realisiert werden. Bei diesen Einsparpotentialen sind ebenfalls Mehrkosten, welche durch die fehlerhafte Erfassung der Kundenanforderungen entstanden sind, enthalten. Darüber hinaus konnte mittels der Mehrpreisfragen ein Mehrumsatz für entsprechende Produktoptionen von rund 15 % verzeichnet werden. Außerdem haben sich auch regionsspezifische Ausprägungen für das Produkt ergeben, welche bei der Produktmodularisierung gesondert betrachtet werden, um somit die Komplexität im Produktportfolio zu reduzieren.