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Post Merger Management zur Realisierung von Synergieeffekten im Anlagenbau

[06.06.2002]

Foto: Mimi Potter / fotolia.com
Fusionen und Akquisitionen werden nach wie vor als eine der wesentlichen strategischen Mittel zur Schaffung von Wachstum und Wertsteigerung erachtet. Vergleicht man allerdings die Zielerreichung aller weltweit durchgeführten Fusionen, so scheitert der Großteil der Unternehmens­zusammen­schlüsse meist aufgrund mangelnder Realisierung von Synergien in der Integrationsphase. Durch eine effektives und effizientes Post Merger Management konnten bei dem betrachteten Unternehmen jedoch die Synergiepotenziale ausgeschöpft werden, die sich durch signifikante Markt­anteils­steigerungen und Kostensenkungseffekte in der Herstellung und im After-sale-Service äußerten.

Bei den fusionierten Unternehmen handelt es sich um einen Anlagenhersteller mit 450 Mitarbeitern, der den Marktführer in Europa und damit direkten und auch größten Konkurrenten mit über 1000 Mitarbeitern aufgekauft hat. Die Zielsetzung der Fusion war die Ausweitung des Kerngeschäfts in alle Preissegmenten, der Zugewinn an Produkt-Know-how, der Zugang auf internationale Märkte über das Vertriebsnetz des größeren Unternehmens, wie z.B. Amerika und Australien und die Position des europäischen Marktführers. Beide Unternehmen verfügten zudem über ein - besonders in Deutschland - stark ausgebautes und dichtes Servicenetz, dass sich auf jeweils 30% des Gesamtumsatzes belief und ein starkes Kundenbindungsinstrument zur Sicherung der Markt­position darstellt.

Die sich dem Ende neigenden Produktlebenszyklen der Produkt­programme und auch die für den Kunden darin auffälligen Redundanzen der Produkte zwangen das fusionierte Unternehmen, die Konsolidierung dieser durch eine Neuentwicklung schnellstmöglichst auszugleichen. Diese Vorgehensweise ermöglichte die Realisierung von economies of scale durch das kumulierte Absatzvolumen. Die Einführung eines neuen Firmen- und damit auch Produktlabels erforderte hierbei eine verstärkte Kommunikation des neuen Markennamens um das Branding der ehemaligen Labels in das neue überzuführen und einer Kundenfluktuation entgegenzuwirken. Des weiteren war die dringende Erfordernis der Kapazitätsoptimierung der Service-Niederlassungen und die Ausschaltung von flächenüberschneidenden Marktabdeckungen zur Eliminierung der internen Konkurrenz.

Konsolidierung der Produktprogramme und Vertriebsstrategie

Um eine auf die Kundenanforderungen zugeschnittene Neuentwicklung zu gewährleisten, funktionale und designtechnische Überflüssigkeiten im neuen zusammengeführten Produkt­programm weitestgehend auszuschließen und gleichzeitig alle Preissegmente in den bearbeiteten Märkten abzudecken wurde eine Marktstudie bei den internationalen Markt repräsentierenden Kunden durchgeführt. Zur Plausibilitätsprüfung wurde ergänzend eine Befragung für die sich aus der Studie herauskristallisierenden Preissegmente in einzelnen Regionen in Europa bei den entsprechenden Vertriebsniederlassungen durchgeführt. Ein zweitägiger Workshop mit europäischen Lead-Usern ergänzte die Anforderungen im Volumensegment und ermöglichte hier eine Konzentration der Funktionen und Ausstattung auf Merkmale in der Produktgestaltung für die der Kunde auch bereit ist zu bezahlen.

Durch den umfangreichen Kundenkontakt des Unternehmens im Zusammenhang der Marktstudie, der Befragungen und dem Workshop wurde die Kommunikation des neuen Labels zum Markt und die damit verbundene Steigerung der Awareness, insbesondere auf den internationalen Märkten, sichergestellt.

Die Ergebnisse der Marktumfrage dienten im wesentlichen als Basis zur Definition einer Produkt- und Vertriebsstrategie. Die systematische Vorgehensweise der Erhebung der Kunden­anforderungen machte eine dezidierte Ableitung eines Produktordnungssystems, wonach sich zwei Plattformen, modularisierte Ausstattungsoptionen und eine Gleichteilverwendung von nahezu 70% bei gleichzeitiger Abdeckung der Preissegmente Low-Budget, Medium Price bis High End, möglich. Ebenso konnten eindeutige Differenzierungsmerkmale der neuen Produkte innerhalb des Produktprogramms und eine Verkaufsargumentation anhand der Ergebnisse erarbeitet werden.

Kapazitätsoptimierung im After-sale-Service

Die ehemals getrennten europäischen Servicenetze der Unternehmen mit Schwerpunkt auf Deutschland waren nicht nur zu einem erheblichen Anteil flächendeckungsgleich, zusätzlich waren die Auftragsabwicklungsprozesse konträr gestaltet. Das gekaufte Unternehmen zentralisierte die Abwicklung von Service-Aufträgen durch ein Call Center und lediglich die operative Durchführung der Serviceleistung wurde durch die jeweilige Niederlassung erfüllt. Der Käufer hingegen hatte die Serviceleistung auf diverse Regionalzentren dezentralisiert, welche den kompletten Prozess inklusive Reklamationen und Serviceleistungserstellung abwickelten.

Die Zusammenlegung der Servicenetze bei einer gleichzeitigen Optimierung der Abwicklungs­prozesse ergab eine Zentralisierung des Reklamationsprozesses in ein bereits vorhandenes Call Center und eine Dezentralisierung der Auftragsabwicklung inklusive der Serviceleistungserstellung in die Regionalzentren des Käufers.

Hierbei konnten einerseits Kapazitäten in der Hauptniederlassung durch den dortigen Wegfall der Auftragsabwicklung eingespart werden, andererseits konnte die Kapazität der Regionalzentren bezüglich abzuwickelnder Serviceaufträge gesteigert werden, da dezentral kein Aufwand für die Reklamationsbearbeitung mehr anfiel. Ebenso wurden redundante Serviceniederlassungen und auch Vertragspartner zur Serviceleistungserstellung eingespart, die aufgrund eines hohen Grades von Flächenüberdeckung interne Konkurrenz darstellten.

Erzielte Synergieeffekte durch umgesetzte Maßnahmen

Durch ein effizientes und effektives Post Merger Management in dem damals "frisch" fusionierten Unternehmen haben sich erhebliche Synergieeffekte identifizieren lassen, welche durch die Abarbeitung der in den einzelnen Untersuchungsbereichen definierten Teilprojekten in einem Zeithorizont von etwa einem Jahr realisiert wurden.

Die Zusammenlegung der Servicenetze bei gleichzeitiger Optimierung der Abwicklungs- und Reklamationsprozesse ergab ein Einsparpotenzial in Höhe von 12 Mio. €, welches sich größtenteils in den Personalkosten bemerkbar machte. Die Konsolidierung der Produktprogramme im Kontext der fälligen Neuentwicklung und Ablösung der alten Produkte ergab Einsparungen bei den Herstellkosten in Höhe von 27-32 % in den jeweiligen Preissegmenten.

Die Fusion ermöglichte dem Anlagenhersteller eine verstärkte Position mit über 60 % Marktanteil auf dem deutschen (Produkt- und Servicegeschäft) und nahezu 40% auf dem europäischen Markt. Des weiteren konnte der Markteintritt auf dem Nord- und südamerikanischen Markt geschaffen werden. Strategisch betrachtet wurden dadurch die Einstiegs- und Ausbaubarrieren für die Wettbewerber auf dem europäischen Markt deutlich verschärft.

Aus der erfolgreichen Umsetzung der Teilprojekte ergaben sich weitere Synergien:

  • Zusammenführung der Unternehmenskulturen, insbesondere in der Konstruktion und Entwicklung durch intensive Auseinandersetzung mit der technischen Konsolidierung der Produktprogramme, ebenso im Vertrieb und Marketing durch die diskussionsreiche Analyse der Kundenanforderungen.
  • Gesteigerte Akquisitionsmöglichkeiten umfangreicherer Rahmenverträge mit langer Laufzeit und umfangreicheren Auftragsvolumen bei europäischen Key Accounts, nicht zuletzt durch das flächendeckende Servicenetz und die gesteigerten Produktionskapazitäten.
  • Sprung auf eine neue Lernkurve durch Mitarbeitertransfer speziell im Produkt- und Technologie-Know-how.
  • Zügige Steigerung der Motivation der Mitarbeiter nach der Fusion durch offene Kommunikation der Ziele, Maßnahmen und Ergebnisse der Integration der Produktprogramme.

Durch die Zusammenführung der Ersatzteillager der Serviceniederlassungen ergaben sich Einspareffekte bei den Beständen in Abhängigkeit des Produktlebenszyklus der auf dem Markt vorhandenen Anlagen im Laufe der nächsten fünf Jahre.

Literatur:

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