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Schlanke Prozesse als präventive Maßnahme in Zeiten der Krise

[17.09.2012]

Foto: yoshitaka / fotolia.com

Mit der Implementierung und Etablierung von schlanken Prozessen können sich vor allem kleine und mittelständische Unternehmen krisenfest aufstellen. Durch eine erhöhte Transparenz in den Prozessen, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess und engagierte Mitarbeiter können KMU Prozesspotenziale heben, Effizienzen in den Prozessen erhöhen und somit in Krisenzeiten ohne drastischen Stellenabbau auskommen.

Kurzfristige Maßnahmen haben in der Regel langfristige Folgen

Sinkende Erträge und strategische Fehlentscheidungen schränken nicht nur kleine und mittelständische Unternehmen in ihrem Wirkungskreis ein. Auch traditionsreiche und etablierte Unter­nehmen laufen Gefahr durch interne wie auch externe Einflüsse in eine Insolvenz zu schlittern. Zahlreiche Beispiele in der Vergangenheit zeigen auf, dass auch etablierte Unternehmen durch eine schnelle negative Sogwirkung, beispielsweise durch volatile Wirtschaftszyklen, in Schwierigkeiten geraten.

Meist wird daraufhin ein radikaler Stellenabbau im Unternehmen vollzogen, der dem Unternehmen wichtige und erfahrene Mitarbeiter sowie vorhandenes Fachwissen entzieht. Diese Maßnahmen haben, wenn überhaupt, kurzfristigen Erfolg, ziehen jedoch das meist langfristige Folgen in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit, Innovationsdynamik und unternehmensspezifisches Wissen noch sich. Daher sollten entsprechende Alternativen zum reinen Stellenabbau beleuchtet werden. Hier nehmen unter anderem Lean Management-Ansätze wieder zunehmend an Bedeutung zu, die bereits in den 90er Jahren eine Hochkonjunktur erlebten. Das Prinzip des Lean Managements hat dabei ganz und gar nichts mit kurzfristigen Maßnahmen als Reaktion auf eine Krisenpanik zu tun. Bereits seit Jahrzehnten weisen Lean Management-Ansätze in zahlreichen Unternehmen nachhaltige Erfolge in der Prozess­verschlankung und -flexibilisierung auf. Dies bedingt jedoch einen Kulturwandel im Unternehmen.

Maßnahmen im Prozessmanagement unterstützen Unternehmen in Krisenzeiten

Da schlanke Prozesse gerade in schwierigen Zeiten helfen können, die Auslieferungszeit zu verkürzen und dadurch Kunden an sich zu binden, ist ein langfristiger Lean-Ansatz zu fokussieren. Mittels schlanker und flexibler Prozesse können Unternehmen sich in Krisenzeiten vor wirt­schaft­lichen Problemen schützen. In der Krise sind in der Regel Aufträge rückläufig, sodass zusätzlicher Umsatz zur Kompensation zu generieren ist. Ebenfalls verhindert eine funktionale Sichtweise im Unternehmen die zuverlässige Leistungserbringung gegenüber dem Kunden, da für die Bearbeitung der Kundenaufträge in der Regel mehrere organisatorische Einheiten verantwortlich sind und dadurch Schnittstellen existieren, die Durchlaufzeiten erhöhen, Freigaben verzögern und Qualitäts­schwankungen in der Bearbeitung der Aufträge verursachen. Bei der momentanen Weltwirt­schafts­lage erhöht sich der Druck zusätzlich auf kleine und mittelständische Unternehmen, sodass diese ihre Prozesseffizienz erhöhen und somit sämtliche Prozesse in verschiedensten Bereichen bewusst verschlanken müssen.

Dabei wird unter Verschlankung der Prozesse nicht die Reduzierung der personellen Kapazitäten verstanden, sondern auch die Minimierung der nicht-wert­schöp­fen­den Tätigkeiten und somit die Steigerung der Wertschöpfung innerhalb der Prozesse. Speziell kleine Prozessinnovationen sorgen für nachhaltige und sichere Erfolge, die bestenfalls von Mitarbeitern selbst im Arbeitsalltag entwickelt worden sind. Neben klassischen Faktoren wie Qualität, Zeit und Kosten ist vor allem der Mensch, als weicher Faktor, bei Prozessverbesserungen relevant. Durch die Prozessverschlankung werden im besten Fall die Prozessgeschwindigkeit und der Unternehmensruf verbessert, sodass mehr Auf­träge erzielt werden können. Die Prozessaktivitäten sind zu erfassen und zu beseitigen, welche der interne wie auch externe Kunde als nicht-wertschöpfend deutet. Dabei werden unter wert­schöp­fen­den Tätigkeiten lediglich die Tätigkeiten verstanden, die eine signifikante Änderung am Produkt bewirken. Demzufolge werden unter nicht-wertschöpfenden im Grunde vermeidbare Tätigkeiten verstanden, die im Idealfall nicht vorkommen, wie beispielsweise Wartezeiten, Unterbrechung des Produktions­flusses, Rüsten von Maschinen, innerbetrieblicher Transport, aber auch Fehlleistungen, Blind­leis­tungen, Reklamationen und weitere Tätigkeiten, die den Wert eines Produkts nicht steigern.


Abbildung 1: Prozessaktivitäten

Mitarbeiter sind der wichtigste Faktor zur Bewältigung von Krisen

Mitarbeiter und deren Haltung spielen verstärkt eine große Rolle, da diese im Mittelpunkt jeder Prozessverbesserung stehen. Der kontinuierliche Verbesserungsprozess wirkt lediglich, wenn alle Betroffenen zu Beteiligten gemacht werden und sich die Mitarbeiter permanent an der Weiter­ent­wicklung der Prozesse beteiligen. Das benötigte Prozessdenken bei den Mitarbeitern lässt sich jedoch nicht ohne Weiteres etablieren. Doch gerade in Krisenzeiten ist „Lean Thinking“ förderlich, um Prozesse sichtbar und transparent zu machen, sodass unter anderem Arbeitszeiten verkürzt werden können. Daher ist es entscheidend, dass das Management Engagement zeigt und den Mitarbeitern das Prozessdenken vorlebt. Die Aufgabe aller Betroffenen ist hierbei, schlanke Problemlösungen umzusetzen, welche die Komplexität effizienter bewältigen. Im Grunde sind sämtliche überflüssige Tätigkeiten innerhalb der Prozesse zu beseitigen, respektive auf ein Minimum zu reduzieren, sodass kaum nicht-wertschöpfende Tätigkeiten vorhanden sind und eine reine Wertschöpfung als Ideal anvisiert wird. Somit hat jeder vorgelagerte Prozess nur so viel zu produzieren, wie der nachgelagerte Prozess benötigt. Durch diese Bestandsreduzierung in den Prozessen wird ein „One-Piece-Flow“ erreicht und belastende Bestände, vor allem in Krisenzeiten, vermieden.

Potenziale und Einfluss von schlanken Prozessen im Unternehmen

Studien wie die „Lean Development Deutschland“ zeigen auf, dass beispielsweise in Ent­wick­lungs­prozessen 20 bis 30 % der Unternehmenskapazitäten durch Verschwendungen belegt sind. Jedoch sollte sich die Implementierung von schlanken Prozessen nicht nur auf Entwicklungs- und Produktionsprozesse beschränken, sondern über sämtliche Unternehmensprozesse und somit auch über Verwaltungsprozesse Potenziale heben. Gerade die Verwaltungsprozesse werden in Krisen­zeiten meist übersehen und lediglich im produktiven Bereich werden Maßnahmen zur Verbesserung der Unternehmensposition vollzogen. Dessen ungeachtet ist gerade in Ver­waltungs­prozessen meist ein Verschwendungsanteil von bis zu 30 % vorhanden, da vor allem im admi­ni­stra­tiven Bereich eine hohe Ineffizienz vorherrscht. Dabei fehlen speziell im Ver­wal­tungs­bereich entsprechende Kennzahlen, um die Transparenz der Prozesse zu erreichen und Nach­ar­beiten sind grundsätzlich die Regel.

Schlanke Prozesse steigern die Effizienz und Zuverlässigkeit, sodass in Krisenzeiten durch die implementierten schlanken, flexiblen und schnellen Prozesse belastende Situationen erfolgreicher überstanden werden können. Die schlanken Unternehmensprozesse können erreicht werden, indem die Variantenvielfalt eingedämmt, Prozesse standardisiert und beherrscht sowie der Fokus auf die Wertschöpfung gelegt wird. Außerdem sind Schnittstellen im Prozess zu vermeiden, indem beispielsweise der Übergabeprozess der Schnittstellenbeteiligten definiert wird. Dabei sind sämtliche benötigten Informationen klar zu definieren und gegebenenfalls mittels Übergabeprotokoll (z.B. vom Vertrieb in die Auftragsabwicklung) zu dokumentieren, sodass die Weiterverarbeitung ohne weitere Rückfragen erfolgen kann. Bei standardisierten Aufgaben ist die Definition eines Stan­dard­prozesses förderlich, wodurch Verwaltungsaufwände reduziert werden können. Weitere Maßnahmen zur Erreichung eines schlanken Prozesses, um während Krisenzeiten gerüstet zu sein, sind die Definition von AKVs (Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung), Vertreterregelungen, Regel­kom­mu­ni­ka­tionen, eine durchgängige Systemverwendung und eine klare Auftragspriorisierung. Effi­zi­enz­steigerungen, die Stärkung der Wettbewerbsposition und langfristige Wettbewerbsvorteile sind hierbei relevante Aspekte, die durch schlanke Prozesse erreicht werden können. In TCW-Projekten wurden Produktivitätssteigerungen von bis zu 40 % sowie Einsparpotenziale in Bear­bei­tungs­pro­zessen durch die Reduzierung von nicht-wertschöpfenden Zeitanteilen von bis zu 80 % in der Durchlaufzeit erzielt.


Abbildung 2: Produktivitätssteigerung in Bearbeitungsprozessen


Abbildung 3: Durchlaufzeitreduzierung in Bearbeitungsprozessen

 

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