[13.06.2006]
Komplexitätsbeherrschung und Kostentransparenz von SCM Prozessen gewinnen im Wettbewerb zunehmend an Bedeutung. Diese Entwicklung hat mehrere Ursachen:
Bestehende Ansätze zur Erfassung der Kosten von Supply Chain Prozessen haben sich in der Praxis bislang nicht durchsetzen können. Grund dafür ist unter anderem der hohe Aufwand zur Bestimmung der Kosten. Als Beispiel kann die Prozesskostenrechung angeführt werden. Auf der anderen Seite finden sich in der Praxis vielfältige Beispiele, die den Bedarf an einem Supply Chain Costing unterstreichen. Wenn bei der Begründung der geplanten Werksschließung von AEG/ Elektrolux in Nürnberg die Wettbewerbsnachteile der Elektronikindustrie am Standort Deutschland angeführt werden, greift dieser Erklärungsansatz deutlich zu kurz.
Andere Unternehmen der Elektronikbranche mit Produktionsstandorten in Deutschland befinden sich auf Wachstumskurs und weisen ansehnliche Margen aus. Die Gründe für den äußerst unterschiedlichen Erfolg verschiedener Unternehmen einer Branche sind vielschichtig.
Im Gespräch mit Experten wird aber ein wesentlicher Unterschied zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Unternehmen deutlich: Lassen sich bei mehreren Produkten an einem Standort die produktspezifischen Supply Chain Kosten nicht verursachungsgerecht zuordnen, besteht die Gefahr, dass Produkte mit einer guten Kostenposition die weniger erfolgreichen subventionieren. Das Ergebnis ist, dass die erfolgreichen Produkte durch eine überproportionale Belastung mit Supply Chain Kosten an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Verschärft sich der Kostendruck weiter, wird es nahezu unmöglich, die unwirtschaftlichen Produkte zu identifizieren und gezielte Kostensenkungsmaßnahmen bis hin zur Streichung aus dem Produktportfolio einzuleiten.
Bei einem Unternehmen der Elektronikbrache herrscht in zwei Produktsegmenten ein deutlich unterschiedlicher Preisdruck. Bislang erfolgte für die Produktsegmente keine differenzierte Kostenzuordnung nach Supply Chain Modellen. Die fehlende verursachungsgerechte Kostenallokation führt dazu, dass das Commodity-Segment trotz hoher Stückzahl und geringer Varianz überproportional mit Supply Chain Kosten belastet wird. Demgegenüber werden die kundenspezifischen Produkte mit hoher Varianz mit geringen Kosten belastet. Die Folge sind Verzerrungen in der Deckungsbeitragsrechung der Produkte sowie eine ungünstige Wettbewerbsposition im Commodity-Segment.
Als Ansatzpunkte einer verursachungsgerechten Zuordnung von Supply Chain Kosten zur Realisierung von Kostensenkungspotentialen können mehrere Hebel bedient werden. Die Grundlage zur Bedienung der Stellhebel bildet die Schaffung von Kostentransparenz für das Controlling und die vollständige Ermittlung aller Kostentreiber.
Zu den wesentlichen Stellhebeln gehören:
In dem betrachteten Unternehmen der Elektronikbranche wurden vier Standard SCM Modelle und die jeweiligen Rahmenbedingungen der Anwendung definiert und kostenmäßig bewertet. Für Abweichungen vom Standard Supply Chain Modell wurden Zuschläge und Abschläge für alle Kosten ermittelt.
Ausgangspunkt des Vorgehens bildete die Zuordnung der Produkte zu den definierten Standard Supply-Chain-Management Modellen im Ist-Zustand. In einem Folgeschritt wurden je Produkt Möglichkeiten zur Abwicklung über alternative SCM Modelle untersucht. Über eine Deltabetrachtung zwischen derzeitigem und alternativem SCM Modell konnten bei dem Elektronikhersteller Potentialein Höhe von 8% der betrachteten Kosten ermittelt werden. Zusätzliche Potentiale in Höhe von 4% ergaben sich durch eine Leistungsanpassung des bisherigen „Supply Chain Pflichtenhefts".
Neben den Kosteneffekten können durch die größere Kostentransparenz zukünftige strategische Entscheidungen mit höherer Evidenz getroffen werden. Der Kunde partizipiert über günstigere Preise an den reduzierten Supply Chain Kosten.