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Globale Industrialisierung

Globale Industrialisierung umfasst den Aufbau von neuen, eigenständigen Entwicklungs-, Produktions-, Vertriebs- und Servicestandorten mit Beschaffungsfunktionen in attraktiven Kosten- und Wachstumsmärkten zur Nutzung attraktiver Märkte.

Herausforderung

Die weltweite Finanzkrise hat die Anfälligkeit von Unternehmen verdeutlicht, die sich hauptsächlich nur auf einen Absatzmarkt oder Produktionsstandort konzentrieren. Tritt hier eine Marktstörung und ein erheblicher Nachfragerückgang auf, führt dies oftmals zu einer Existenz bedrohenden Unternehmenskrise. Die Unternehmen, die neue Absatzmärkte erschließen konnten, leiden zwar auch unter einem Nachfragerückgang, doch in der weltweiten Betrachtung können die Effekte durch die unterschiedlichen Märkte und Kostenstrukturen abgepuffert werden.

Globale Industrialisierung bedeutet den Aufbau von neuen eigenständigen Entwicklungs-, Produktions-, Vertriebs- und Servicestandorten mit Beschaffungsfunktionen in attraktiven Kosten- und Wachstumsmärkten. Sie umfasst eine systematische Identifikation und Nutzung von attraktiven Märkten unter Beachtung entstehender Chancen und Risiken und erhöht die Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der internationalen Konkurrenz. Wird eine Globale Industrialisierung in einem Zielland erreicht, so werden die heutigen Markteintrittsbarrieren in Zukunft zu einem Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten, die es nicht geschafft haben, in dem Markt industriell Fuß zu fassen.

Das TCW Konzept

Der Versuch, neue Märkte allein mit Vertriebsniederlassungen zu erschließen, scheitert mittlerweile kläglich. Die einstigen Absatzmärkte, die nur mit der Lieferung von Waren zufrieden waren, sind kaum noch existent. Heute werden von den Unternehmen Wertschöpfungsanteile in den Absatzmärkten gefordert. Stattliche Offset- oder Local-Content-Forderungen, die mit Pönalen belegt sind, sowie das öffentliche Erscheinungsbild der Unternehmen sind hier die maßgeblichen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Markterschließung. Diese umfassen, dass ein gewisser Prozentsatz des Auftragsvolumens im Zielland produziert, beschafft oder beauftragt werden sollte. Ein Beispiel hierfür ist Ford in Deutschland und SAP in den USA. Der Großteil der Bevölkerung und der Kunden nimmt diese Firmen als nationale Unternehmen wahr, obwohl diese das Ergebnis einer Globalen Industrialisierung sind.

Dies führt auch dazu, dass eine neue Denkweise im Unternehmen für eine erfolgreiche Industrialisierung erforderlich ist. Wurde bisher eine Marktnachfrage als gegeben angesehen, so wird durch die Globale Industrialisierung eine Entwicklung des Marktes ermöglicht, die im Endeffekt zu einer erhöhten Nachfrage führt. Somit wechselt die reine Vertriebssicht hin zu einer Marketing- und Netzwerkbetrachtung.

Wesentlich für eine fundierte und nachhaltige Globale Industrialisierung ist das Verständnis der Mitarbeiter im Stammhaus für diese Aktivitäten. So handelt es sich hierbei nicht um den Aufbau einer verlängerten Werkbank, sondern um die Implementierung eines neuen Standortes mit umfangreichen Aufgaben und Kompetenzen im Zielland. Somit sind weitreichende Lösungen zu Produkten und Prozessen gefragt, die eine Vielzahl von Funktionen im Unternehmen betreffen.

Die Globale Industrialisierung steht auch in Verbindung mit Global-Sourcing Aktivitäten. Global-Sourcing hat mittlerweile in das Tagesgeschäft der Unternehmen Einzug gehalten und beachtliche Einkaufspotenziale ermöglicht.

Weltweite Kostenpotenziale bei hoher Teileverfügbarkeit zu erschließen, ist die Aufgabe des Einkaufs. Der Ansatzpunkt, die Teile, Komponenten, Module und Systeme weltweit anzufragen und zu beschaffen, war im Zuge des Global Sourcing eine praktikable Lösung zur Identifizierung und Umsetzung von Einkaufspotenzialen. Die nächste Stufe für weitere Potenziale ist die Betrachtung der Zulieferer der heutigen Lieferanten. Für den Global Footprint werden die einzelnen Teile und Technologien der einzelnen Zukaufteile hinsichtlich ihrer Lieferantenstruktur durchleuchtet. Oft wird hierbei festgestellt, dass auf dieser Ebene das Global Sourcing noch nicht umgesetzt ist. Gemeinsam mit dem Zulieferer wird dessen Global Footprint hinsichtlich der Kosten- und Leistungspotenziale optimiert. Kostenindizes für Lohn, Material und Logistik sind hierfür die Basis. Die nächste Stufe der Potenzialerschließung im Rahmen der Beschaffungsaktivitäten ist somit die Globale Industrialisierung. Aufbauend auf dem Global Sourcing und dem Global Footprint ermöglicht die Globale Industrialisierung nicht nur Kosten-, sondern auch Umsatzpotenziale.

Die Globale Industrialisierung umfasst die Implementierung von neuen Standorten mit umfangreichen Aufgaben und Kompetenzen in unterschiedlichen Zielländern, oftmals unter Einbeziehung von lokalen Partnern. Somit sind weitreichende Lösungen zu Produkten und Prozessen gefragt, die eine Vielzahl von Funktionen im Unternehmen betreffen und in einen konkreten Umsetzungsplan zu überführen sind.

Die zu beantwortenden Kernfragen des Gl-Konzepts lauten:

  • In welchen Ländern sollte mit besonderer Priorität investiert werden?
  • Welche der Produkte sind für welches Land geeignet?
  • Wie sind die Organisationen in den Zielländern zu gestalten?
  • Welche Effekte sind mit der Globalen Industrialisierung verbunden?
  • Wie ist die Umsetzung konkret zu gestalten?

In gemeinschaftlicher Arbeit mit Vertretern aus den unterschiedlichen Fachbereichen werden diese Fragen anhand von drei Modulen und sechs Arbeitspaketen beantwortet.

Innerhalb des ersten Moduls werden die vorhandenen Vorarbeiten zur Globalisierung der einzelnen Fachbereiche innerhalb des Unternehmens gesichtet, bewertet und die wesentlichen Inhalte für eine spezifische Globalisierungsstrategie erarbeitet. Ergebnisse dieses Moduls sind eine Versachlichung der internen Diskussionen zum Thema Globalisierung, die Ermittlung der bewerteten Chancen und Risiken inklusive der Ergebnispotenziale und die Schaffung eines einheitlichen Meinungsbildes innerhalb der Führungsmannschaft und Belegschaft.

Im zweiten Modul werden die einzelnen Länder und die Produkte anhand von Kriterien bewertet, selektiert und in ein Produkt-/ Länderportfolio überführt. Hierbei werden die einzelnen Länder auf ihre Industrialisierungsfähigkeit und die Produkte auf ihre Absatz- und Produktionsfähigkeit im Zielland untersucht. Ergebnisse dieses Moduls sind detaillierte Länderbewertungen mit Chancen und Risiken auf Produktebene, überführt in eine priorisierte Länder- und Produktauswahl.

Im dritten Modul werden die möglichen Partner in den selektierten Ländern ermittelt und die erforderlichen Supply-Chain- und Organisationsmodelle für die Zielländer und für das Stammhaus diskutiert. Die Ergebnisse werden in einen mehrheitsfähigen detaillierten Umsetzungs- und Zeitplan überführt und mit Business Cases hinterlegt. Der Umsetzungsplan umfasst Maßnahmen für die Auswahl von möglichen Partnerfirmen, für die Ramp-up-Phase, für die organisatorische Gestaltung im Zielland und im Heimatland sowie für die Einbindung des neuen Standortes in das bestehende Produktionsnetzwerk des Unternehmens.

Ergebnisse / Potenziale

Das TCW legt bei der Durchführung seiner Projekte großen Wert auf die Nachhaltigkeit der Ergebnisse. Dies gilt umso mehr, wenn die Optimierungsansätze umfassende strukturelle Veränderungen mit sich bringen, wie dies im Fall der Globalen Industrialisierung sein kann. In abgeschlossenen Projekten konnten deutliche Umsatz- und Kostenpotenziale nachhaltig realisiert werden.

Zudem zeigen die Erfahrungen aus den Projekten zur Globalen Industrialisierung, dass die umfassenden Betrachtungen der Produkte und Märkte sowie der unternehmerischen Chancen und Risiken zu einer Verbesserung der internen Prozesse und der Zusammenarbeit der Fachbereiche geführt haben.

Weiterführende Literatur zum Thema Globale Industrialisierung

Tools zum Thema Globale Industrialisierung

  • Einkaufspotenzialanalyse
    Realisierung von Einkaufspotenzialen durch die bewusste Gestaltung differenzierter Abnehmer-Lieferanten-Beziehungen
  • F&E-Zulieferer-Check
    Differenzierte Handlungsempfehlungen zur Verbesserung von F&E-Kooperationen durch systematische Analyse und Bewertung
  • Kennzahlen Cockpit
    Visualisierung geeigneter Kennzahlen für ein durchgängiges Controlling aller Bereiche zur langfristigen Erfolgssicherung
  • Logistik-Potenzial Check
    Verknüpfung der Daten des „SCM Check“ mit finanziellen Kennzahlen des Unternehmens und Darstellung des Wertbeitrags der Logistik
  • ProVSM („Value Stream Mapping“)
    Unterstützung bei der ganzheitlichen Optimierung der Wertkette durch Analyse und Visualisierung des Wertstroms
  • Risiko-Check
    Selbsteinschätzung der operativen und strategischen Risikoposition des Unternehmens anhand quantitativer und qualitativer Faktoren
  • Risikomanager
    Unterstützung beim Risikomanagement leistungswirtschaftlicher Risiken und Berechnung des Value-at-Risk als Steuerungsgröße
  • SCM-Check
    Qualitative Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Supply Chains und Aufzeigen von Handlungsempfehlungen
  • TCW Standortplaner
    Selbstbewertung und Unterstützung der Ableitung von Standortstrategien bezüglich der regionalen oder globalen Ausrichtung
  • Value Check
    Ein- und Auszahlungsströme infolge einer logistischen Investition quantifizieren und als Cashflow ausweisen


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