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Best Practice im eProcurement

[05.07.2010]

Foto: mirexon - fotolia.com

Die Einkaufsfunktion wird traditionell in eine strategische und eine operative Betrachtungsebene unterteilt, da die Aufgaben und Prioritäten beider Funktionen völlig divergent sind. Lieferantenmanagement, Bedarfsbündelung und zielgerichtetes Verhandeln sind Schlagworte, die das Bild des strategischen Einkäufers prägen. Häufig sind die Strategen jedoch mit administrativer Routinearbeit belastet anstatt Aufgaben mit höherer Wertschöpfung, wie etwa das Aufbrechen von Single Source Abhängigkeiten oder die Identifizierung globaler Beschaffungsquellen, durchzuführen.

E-Procurement zielt auf die Umsetzung schneller und kostengünstiger Beschaffungsprozesse ab und ermöglicht die Realisierung nachhaltiger Produktivitätssteigerungen in der Beschaffung. Intelligent verknüpfte E-Procurement Applikationen bilden durch die weitestgehende Automatisierung von manuellen Arbeitsabläufen große Einsparungen sowohl im strategischen als auch im operativen Beschaffungsmanagement. Trotz der Potenziale ist das eProcurement in den letzten Jahren verstärkt ins Hintertreffen geraten. Aktuelle Studien zeigen, dass derzeit nur knapp ein viertel aller Unternehmen eine zusammenhängende Systemlandschaft im Einkauf besitzen. Vielmehr ist das derzeitige Bild durch unausgereifte Insellösungen und einen geringen Anwendungsgrad der Nutzer gekennzeichnet. Viele Unternehmen planen jedoch, den Einsatz eines entsprechenden Systems in den kommenden Monaten zu forcieren und nach einem Zeitraum, der durch krisenbedingtes Troubleshooting gekennzeichnet war, verstärkt in die Professionalisierung des Einkaufs und der dazugehörenden Supportfunktionen zu investieren. Von Bedeutung sind dabei folgende Fragestellungen:

  1. Status Quo: Wie stellt sich die derzeitige Situation (eProcurement-Landkarte) im Unternehmen dar?
  2. Advanced Negotiation: Welche Produkte und Dienstleistungen eignen sich für eSourcing Applikationen bzw. für eine Beschaffung via eProcurement?
  3. Automatisierung: Welche Beschaffungsprozesse lassen sich mittels eProcurement-Lösungen optimieren? Welche Maßnahmen führen zu einer erhöhten Automatisierung des Bestellablaufs?
  4. Wirtschaftlichkeit: Welche Potenziale bietet das eProcurement für den strategischen und operativen Einkauf?

a. Status Quo der Systemarchitektur

Die Erfahrungen aus einer fehlgeschlagenen Systemeinführungen haben gezeigt, dass die Einführung eines neuen Systems zumeist auf der Basis restrukturierter Prozesse möglicht ist. Die Einführung bzw. Erweiterung des eProcurements ohne die Berücksichtigung der vorhandenen Prozesslandschaft, der spezifischen Anforderungen der Materialgruppen sowie der bereits vorhandenen Systeme und der dazugehörigen Schnittstellen ist wenig zielführend. Die nachstehende Abbildung zeigt einen strategischen Beschaffungsprozess, wie er bei einem Audit-Unternehmen identifiziert wurde. Die Systemlandschaft erstreckt sich dabei über die Bereiche der Bedarfsanalyse, des Sourcing Processes und dem Controlling und Reporting.

Abbildung 1: eProcurement Landkarte

Der operative Beschaffungsprozess ist indes in allen Unternehmen ähnlich implementiert. Unterschiede bestehen hinsichtlich dem Genehmigungsverfahrens, das je nach Unternehmensphilosophie mehrere Stufen umfassen kann, der Buchung des Wareneingang, die sowohl zentral als auch dezentral erfolgen kann, der Rechnungsprüfung, die sowohl stichprobenartig als auch auf Positionsebene ablaufen kann sowie der Bezahlung, die entweder mittels Gutschriftverfahren oder auf traditionellem Wege erfolgt. Entscheidend für einen fehlerfreien und schlanken Prozess ist dabei die Konsolidierung der in den Einzellösungen vorhandenen Daten und Funktionen auf einer durchgängigen Plattform. Dadurch wird nicht nur der Beschaffungsprozess an sich, sondern auch die Transparenz und Steuerbarkeit der Einkaufsfunktion optimiert.

b. Advanced Negotation

Wesentlicher Bestandteil eines auf elektronischer Basis durchgeführten Beschaffungsprozesses ist ein detaillierter eability Check der Materialgruppen, Produkte und Dienstleistungen, die ein Unternehmen beschafft. Nur wer im Vorfeld einer Systemimplementierung genau überprüft, welche Bedarfe sich für eSourcing Aktivitäten eignen, kann gewährleisten dass sowohl die Effektivität als auch die Effizienz im Rahmen des Ausschreibungs- und Verhandlungsprozesses sichergestellt wird. Hierzu bietet sich ein mehrstufiges Verfahren an, das mit Hilfe einer Portfoliosystematik diejenigen Bedarfe identifiziert für die es ein sog. Advanced Negotiation Design zu implementieren gilt, um durch verstärkten Wettbewerb und Prozesskostenreduzierung nachhaltige Einspareffekte zu erzielen. Wie in Abbild 2 dargestellt setzt sich das 16feld Porftolio aus einem Beschaffungsgüter- und einem Beschaffungsquellenportfolio zusammen, die die Parameter eSourcing Hemmnisse, Beschaffungsvolumen, Wettbewerb und Marktpotenzial berücksichtigen.

Aufbauend auf der aus der eability Ceck Matrix abgeleiteten Kategorisierung der Bedarfe gilt es einen vorbereitenden Advanced Negotiation Design Prozess zu implementieren, der in einer Auswahlphase des Verhandungsdesigns (e.g. Reverse English, Ticker, Dutch Auction) bzw. in der erfolgreichen Durchführung von elektronisch gestützten Verhandlungen mündet.

Abbildung 2: eability Check Matrix

c. Grad der Automatisierung

Zahlreiche Unternehmen weisen im Bereich des eProcurement eine ähnliche Ausgangssituation auf. Dem C-Teile Management wurde bislang nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt und der dazugehörige Beschaffungsprozess weist einen geringen Automatisierungsgrad auf. Es bestehen einerseits arbeitsintensive und fehleranfällig papierbasierte Beschaffungsprozesse, anderseits erfolgt ein Großteil der Beschaffungen am Einkauf vorbei (Maverick Buying). Zusätzliche Probleme lassen sich auch

  • in einem hohen Zeitaufwand für nicht wertschöpfende Tätigkeiten (Administration und Verwaltung),
  • in der fehlenden Bündelung von Bedarfen sowie in der Überführung von Rahmenverträgen in standardisierte Systemkontrakte,
  • in einer geringen Anbindung elektronischer Kataloge und
  • in einer mangelnden Datenhygiene erkennen.

Erfolgreiche eProcurement-Projekte beginnen deshalb mit der Abstimmung der Bereiche Einkauf, IT, Accounting und den Bedarfsträgern, um gemeinsam Ziele zu definieren und Ansatzpunkte für eine verstärkte Automatisierung der operativen Prozesse zu entwickeln. Abbildung 3 zeigt, welche Aktivitäten zu einer Reduzierung der Transaktionskosten führen können.

d. Wirtschaftlichkeit und Potenziale

Entsprechend interner Analysen lassen sich durchschnittlich etwa 85% aller Einkaufstransaktionen auf die Beschaffung indirekter Bedarfe zurückführen. Neben den Kosten für direkte Leistungen und Personal stellen indirekte Bedarfe den größten Kostenblock in einem Unternehmen dar. Angesichts dieser Situation und der Tatsache, dass eine Bestelltransaktion bei einem Unternehmen unabhängig vom eigentlichen Bestellwert zwischen 40 und 80 EUR kostet, gilt das eProcurement als entscheidender Hebel, um Kosteneinsparungen zu erzielen. Die Berechnung von Einsparungen basiert auf einem Ist-Zustand vor der Einführung von eProcurement. Das Potenzial ist dabei besonders groß, wenn ein komplizierter, papierbasierter Beschaffungsprozess mit vielen Genehmigungsstufen, vielen Ausnahmeregelungen und Fehlerquellen die Ausgangsbasis bildet. Einsparungen können dabei in drei Bereichen erzielt werden:

  • Prozesseinsparungen durch erhöhte Automatisierung des Bestellablaufs,
  • Materialkosteneinsparungen durch Bündelung und gezielten Wettbewerb,
  • Bestandskostensenkung durch einen schnelleren und transparenteren Beschaffungsprozess.

Als Reduktion der Prozesskosten durch die Optimierung des eProcurements lassen sich Werte bis zu 70% erkennen. Diese Einsparpotenziale bilden auch die Grundlage für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen im Vorfeld einer Systemimplementierung. Etwas geringere, aber dennoch nicht zu unterschätzende Einsparpotenziale bieten Materialkostenreduzierungen. Elektronische Verhandlungen sowie das Bündeln von Katalogware bieten die Gelegenheit, Preisreduzierungen zu erzielen. Die erzielbaren Preisreduktionen bewegen sich dabei zwischen 2 - 6%. Ein transparenter Einkaufsprozess erlaubt die Lieferung benötigter Artikel an den Bedarfsträger häufig innerhalb weniger Stunden. Diese Zeitspanne ist oftmals kurz genug, um auf vorhandene interne Lager vollständig zu verzichten was zu zusätzlichen Kosteneinsparungen im Rahmen des Assets-Managements führt.

Wieterführende Literatur

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