[16.01.2017]
Die steigenden Kosten für den Bezug von Energie stellen insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen eine große Herausforderung dar. Um die Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland zu sichern, sind Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz umzusetzen. Energieeinsparpotenziale, die im Planungsprozess identifiziert wurden, werden im späteren Betrieb jedoch häufig nur unvollständig ausgeschöpft. Es besteht eine Diskrepanz zwischen den in der Planung prognostizierten und den tatsächlich realisierten Energiekosteneinsparungen. Trotz sorgfältiger Planung können solche Unterschiede aufgrund volatiler exogener Einflüsse wie Energietarifen und Produktionsprogrammänderungen, sowie endogener Einflüsse wie Störungen, falschem Nutzerverhalten oder ungeplanten Eingriffen in das Energiesystem auftreten. Bei einer registrierten Abweichung ist die Identifikation der Ursachenherde der erste Schritt zur Verbesserung der Energieeffizienz.
Die Erfahrung im Unternehmen hat gezeigt, dass sich Einsparerfolge mit der Zeit verflüchtigen. Mit einem nachhaltigen Energieeffizienz-Controlling kann dem entgegengewirkt werden. Bereits ein grundlegendes Energiemonitoring hilft bei der Identifikation von Energieverschwendungen. Das Energiecontrolling basiert darüber hinaus auf der Einführung einheitlicher Effizienzkennzahlen, über die der Energieverbrauch und die Effizienz von Produktionsanlagen und der Gebäudetechnik kontrolliert und bewertet werden. So können Einsparpotenziale abgeschätzt und der Erfolg umgesetzter Maßnahmen kontrolliert werden. Daher wurde im Unternehmen ein IT-gestütztes Energiecontrolling im Rahmen des Energiemanagementsystems implementiert und in der Organisation verankert. Auf diese Weise wird ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess nach dem PDCA-Zyklus unterstützt.
Die Entscheidung für ein spezifisches IT-gestütztes Energiecontrollingsystem wird von zahlreichen unterschiedlichen Faktoren beeinflusst. Für den Entscheidungsprozess wurde vom TCW ein mehrstufiges Vorgehen gewählt:
Das Vorgehen des TCW umfasst dabei im Wesentlichen vier Schritte:
Mögliche Auswahlkriterien für ein IT-gestütztes Energiecontrollingsystem ergeben sich aus der Komplexität des betrachteten Energiesystems, aus unterschiedlichen Zielen, die mit der Einführung des Energiecontrolling verbunden sind und dem Umfeld, in welches das Controllingsystem eingebettet werden soll. Lokale Gegebenheiten haben einen großen Einfluss auf den Aufbau einer automatisierten Energiedatenerfassung, daher sind in der Regel individuelle Lösungskonzepte notwendig.
Bestenfalls ist die Nutzung der bestehenden IT-Infrastruktur möglich, wodurch der Installationsaufwand gering bleibt. Häufig ist auch ein rechnerunabhängiger Zugriff auf die Daten mittels einer Web-Applikation erwünscht. Ein wichtiges Auswahlkriterium ist meist auch die leichte Bedienbarkeit der Software sowie eine grafische Aufbereitung der Daten. Durch Diagramme werden Abweichungen und Auffälligkeiten unmittelbar offengelegt. Auf Feldebene spielen insbesondere die Echtzeitfähigkeit und Performance eine Rolle. Im Produktionsumfeld sind das 15-Minuten- und 1-Minuten-Intervall für Verbrauchsmessungen verbreitet. Eine höhere Auflösung erlaubt detailgenauere Analysen, erhöht jedoch auch den Messaufwand und Speicherbedarf. Dennoch ist ein kurzes Intervall für bestimmte Prozesse, beispielsweise während des Anlaufs von Anlagen, sinnvoll. Darüber hinaus ist eine regelmäßige Berichterstattung notwendig. Dabei ist auf eine zielgruppenspezifische Aufbereitung zu achten, um den Informationsbedarf aller relevanten Nutzergruppen zu decken. Bei ausreichender Datenbasis kann zudem eine automatische Benachrichtigung bei Überschreitung vordefinierter Schwellwerte erfolgen. Weitere Auswahlkriterien können die Kostentransparenz, die Anpassbarkeit und Erweiterbarkeit von Hardware und Software oder die Qualität des Supports sein.
Auf Grundlage der Auswahlkriterien und der Marktrecherche wurden Angebote von Anbietern möglicher Energiecontrollingsysteme eingeholt und bewertet. Abschließend wurden die gewonnenen Evaluationsergebnisse konsolidiert. Diese dienten dem Management als Entscheidungsgrundlage zur Auswahl eines Energiecontrollingsystems.
Um die erfolgreiche Implementierung des Energiecontrollingsystems zu gewährleisten entwickelte TCW ein an die unternehmensrelevanten Zusammenhänge angepasstes Energiecockpit, mit dem die Umsetzung und Implementierung empfohlener Maßnahmen visualisiert und überwacht werden kann. Das Energiecockpit stellt ein geeignetes Werkzeug dar, um im Unternehmen Kostentreiber der Energie zu identifizieren und auf deren Basis Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Insbesondere bei mittelständischen Betrieben mit schlanker Struktur wie im aktuellen Fallbeispiel bietet ein automatisiertes Energiecockpit eine effiziente Alternative zu einem ausführlichen Energieberichtswesen.
Zusätzlich wurden spezifische Reaktionsmuster bestimmt. Diese führen zu konkreten Handlungsstrategien bei definierten Abweichungen von Soll-Ist-Werten. Die erfolgreiche Umsetzung der empfohlenen Handlungsstrategien und Maßnahmen ist im Besonderen an die organisatorische und prozessuale Verankerung des Energiemanagements im Unternehmen gekoppelt.
TCW definierte daher ein organisatorisches Prozessmodell für KMU, in dem die Verantwortlichkeiten für Überwachung, Entscheidung und Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen klar festgelegt sind. Ein Beauftragter des Managements besitzt die Verantwortlichkeit und Befugnis, die Qualität und Übereinstimmung des Energiecontrollingsystems sicherzustellen, der Geschäftsführung zu berichten, sowie das Bewusstsein für die strategischen Energieziele über alle Ebenen hinweg zu fördern.
Basierend auf den Ergebnissen des Auswahl- und Entscheidungsprozesses konnte ein neues, umfassendes Energiecontrolling im Unternehmen implementiert werden. Durch eine klare Rollendefinition im Prozessmodell konnte dieses erfolgreich verankert werden. Dadurch konnten die Energiekosten des Unternehmens um 11% reduziert werden.