[11.12.2013]
Zukünftig soll der Verkehr weltweit und vor allem auf Deutschlands Straßen elektrifiziert werden. Das machte auch der Elektroauto-Gipfel im Mai 2013 klar, bei dem die Bundeskanzlerin Angela Merkel mit mehreren Bundesministern und hohen Unternehmensvertretern der Automobilindustrie zusammen traf. Die Zielsetzungen des Nationalen Entwicklungsplans Elektromobilität der Bundesregierung sehen vor, dass bis 2020 eine Million Elektroautos das Straßenbild der Bundesrepublik prägen sollen. Auf Basis aktueller Zulassungsstatistiken des Kraftfahrtbundesamts bedeutet dies für die deutschen Automobilhersteller einen Anteil von 56% an der Bereitstellung der neuen Elektrofahrzeuge. Entscheidende Frage der Fahrzeughersteller bei der Umsetzung des ehrgeizigen Ziels der Bundesregierung ist neben der Entwicklung eines Serienprodukts die wirtschaftliche Gestaltung der Serienfertigung. Hierbei gilt es zu klären, ob die neuen Elektrofahrzeuge zunächst auf bestehenden Produktionslinien konventioneller Fahrzeuge gefertigt werden können oder nicht. Im Weiteren ist aufgrund hoher Investitionskosten in neue Produktionsanlagen zusätzlich zu prüfen, ab welcher Stückzahl eine eigene Fertigungslinie für Elektrofahrzeuge sinnvoll ist.
Ziel eines durchgeführten Projekts war die Entwicklung einer Produktionsstrategie für den serientauglichen Anlauf von Elektrofahrzeugen. Die Untersuchung widmete sich schwerpunktmäßig der entscheidenden Frage, wie man Elektrofahrzeuge auf einer bestehenden Produktionslinie für konventionelle Fahrzeuge fertigen kann. Im weiteren Verlauf des Projekts wurde zusätzlich ermittelt, ab welcher Stückzahl es sinnvoll ist eine eigene Produktionslinie für die Elektrofahrzeuge bereitzustellen. Im Rahmen einer neuen Produktbaureihe eines deutschen Automobilherstellers wurden die Hauptansatzpunkte verschiedener Fragestellungen geklärt. Bei der Integration der Produktion von Elektrofahrzeugen in die bestehende Produktionslinie eines Werks galt es, unter anderem, folgende konkrete Fragestellungen zu beantworten:
Diese und weitere Fragen wurden im Rahmen von Expertengesprächen mit Fachleuten aus Einkauf, Entwicklung und Produktion analysiert und bewertet.
Zunächst wurden die voraussichtlichen Produktionsvolumen für die Elektrofahrzeugbedarfe bis 2020 ermittelt. Unter der Annahme, dass in den kommenden Jahren eine Million Elektrofahrzeuge zugelassen werden sollen, wurde für diesen Zeitraum eine Abschätzung für die von den Automobilherstellern zu produzierenden Fahrzeugvolumen getroffen. Abbildung 1 veranschaulicht den Anteil der deutschen Automobilhersteller an den zu produzierenden Elektrofahrzeugen bis 2020 unter der Annahme, dass die Marktaufteilung annähernd konstant bleibt.
Auf Grundlage der Analyse wurden für den Premium-OEM im Projekt die voraussichtlichen Fahrzeugbedarfe für die kommenden Jahre ermittelt. Ausgehend von diesen zu produzierenden Fahrzeugvolumen wurden die Herausforderungen in der Serienproduktion von Elektrofahrzeugen erörtert. Durch den Einsatz neuer Materialien und Montageschritte ändern sich teilweise Fertigungsverfahren und -folgen. Deswegen wurden die neuen Abläufe im Projekt detailliert beschrieben und auf ihre Realisierbarkeit verifiziert. Auf Grundlage der Änderungen wurde ein Produktionsplan für Elektrofahrzeuge ausgearbeitet, der auf eine laufende konventionelle Produktionslinie angewendet werden kann und die Elektrofahrzeugproduktion integriert. Die Montageschritte im Produktionsplan wurden durch Quality Gates ergänzt. Diese ermöglichen den verantwortlichen Abteilungen in der Produktion die Sicherung der Qualitätsziele der Elektrofahrzeuge in der Serie.
Die Resultate des Projekts zeigten, dass eine Fertigung von Elektrofahrzeugen auf bestehenden Produktionslinien der Automobilhersteller umsetzbar ist. Die Produktionsstrategie, die die Hersteller verfolgen sollten, gliedert sich in zwei unterschiedliche Phasen. Die erste Phase deckt ein Produktionsvolumen von bis zu 150.000 Fahrzeugen pro Jahr ab. In dieser ersten Phase ist es für die Hersteller sinnvoll, bestehende Produktionsanlagen zu nutzen, um Investitionsrisiken zu mindern, indem die Elektrofahrzeugfertigung in eine bestehende Produktionslinie konventioneller Fahrzeuge integriert wird. Die zweite Phase der Produktionsstrategie erfolgt ab einem Produktionsvolumen von 150.000 Fahrzeugen pro Jahr. Ab dieser Stückzahl kann es für Automobilhersteller sinnvoll sein, die Elektrofahrzeugproduktion auf eine reine Elektrofahrzeug-Produktionslinie zu konzentrieren. Diese Fokussierung wird es Automobilherstellern ermöglichen, Produktionsschwerpunkte auf Unternehmensstandorte zu verteilen. Dieses Konzept verfolgen die Automobilhersteller bereits erfolgreich bei der Verteilung der Produktion unterschiedlicher Modelle auf verschiedene Werke.