[09.10.2007]
In einem vor kurzem abgeschlossenen Projekt konnte der Auftraggeber - ein Unternehmen der Investitionsgüterindustrie - wieder in aller Deutlichkeit feststellen, dass die Produktklinik als Lernort fungiert. Dieser Lernort ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Konzept.
Das Unternehmen mittlerer Größe ist gekennzeichnet durch eine erfolgsverwöhnte Position im Umfeld einiger europäischer und mehrerer asiatischer Mitbewerber. Der Umsatz steigt kontinuierlich und der wirtschaftliche Erfolg wird in gleichem Maße verzeichnet. Die Geschäftsführung entschloss sich, in dieser erfolgreichen Phase auf Maßnahmen zur Kostenoptimierung zu setzen und hierfür das TCW mit der Durchführung einer Produktklinik zu beauftragen.
Für eine Untersuchung der gesamten Produktreihe bei Investitionsgütern ist es oftmals nicht möglich, Wettbewerbsprodukte kurzfristig zu beschaffen, wenn es sich dabei um Produkte mit langen Lieferzeiten handelt. Oder es gestaltet sich schwierig, eine große Anzahl an verschiedenen Produkten zu beschaffen. Genau diese Situation lag vor. Auf dem Gebrauchtmarkt konnten zwei Vergleichsobjekte erworben werden. Aus den eigenen Reihen stellte man drei Produkte in den Demontageraum. Mit insgesamt fünf Vergleichsobjekten waren eine hinreichend inspirierende Diskussion zu führen und wirkungsvolle Ansatzpunkte zur Kostensenkung zu identifizieren.
An dieser Stelle soll nicht die gesamte Vorgehensweise einer Produktklinik beschrieben werden. Vielmehr kann sich der Leser darüber informieren, welche große Bedeutung die Ideenworkshops besitzen und welche eindrucksvolle Wirkung sie erzielen können.
Eine wesentliche Zielsetzung der Produktklinik ist die Zusammenführung einer Vielzahl an fachlich qualifizierten Meinungen. Dazu wird zu Projektbeginn ein Kernteam gebildet, das aus Vertretern aller Bereiche besteht:
Die Demontage der Vergleichsobjekte ist bei der Produktklinik sicherlich der spannendste Augenblick. Die Teilnehmer sollen gleichermaßen neugierig wie offen für Ideen sein, um der Zielsetzung eines Ideenworkshops entsprechen zu können. Jeder Teilnehmer begleitet die Demontage und ist aufgefordert, kritisch die einzelnen Funktionslösungen zu hinterfragen. Die Diskussion an der Hardware und nicht am sog. grünen Tisch ist mit Sicherheit ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Im vorliegenden Projekt waren manche Bereichsvertreter zum ersten Mal im Detail mit einzelnen Bauteilen und ihrer Funktionserfüllung konfrontiert. Das bewirkte eine lebhafte Diskussion zur Entwicklung von Ideen für eine Kostensenkung. Die Ideen sollten keineswegs auf Realisierbarkeit überprüft werden, sondern es konnte und musste zunächst die Phantasie der Teilnehmer zur Geltung kommen.
Die wichtigsten Leitlinien waren:
Die Demontage umfasste einen Zeitraum von mehreren Tagen. Annähernd 400 Ideen waren durch das Kernteam formuliert worden, viele realisierbar, viele mutig bis revolutionär, einige redundant.
Anschließend wurden zusätzliche Ideenworkshops innerhalb von zwei Wochen mit einem erweiterten Personenkreis durchgeführt. Der wesentliche Unterschied zu den vorangegangenen Tagen lag darin, dass alle Unternehmensbereiche Mitarbeiter entsenden sollten, die nicht in das Projekt eingebunden waren.
Im Wesentlichen spielten folgende Beweggründe eine Rolle:
Die Vorgehensweise in den Ideenworkshop für den erweiterten Personenkreis unterschied sich von den Workshops mit dem Kernteam:
Die Vorgehensweise in der Produktklinik erfordert nach der Identifizierung der Ideen eine Konkretisierung zu Ansatzpunkten. Diese sind auf Realisierbarkeit überprüft, ihre Kosten reduzierende Wirkung ist berechnet und die Funktionserfüllung ist bewertet.
Weitere 300 Ideen wurden im Zeitraum der Ideenworkshops für den erweiterten Personenkreis erarbeitet. Alle Teilnehmer bezeichneten dies als großen Erfolg. Letztendlich war aber jedem klar, dass durchaus wieder zahlreiche Ideen durch den Filter der Technik- und Kostenbewertung fallen würden. Aus den insgesamt etwa 700 Ideen wurden so 236 konkrete Ansatzpunkte identifiziert, die realisiert werden.
Das erzielte Potenzial zur Herstellkostenreduzierung beläuft sich auf 16%.