[19.06.2008]
Länder-Kostenindizes werden heute oftmals auf der Basis von empirisch ermittelten Preisen, d.h. dem Ergebnis konkreter Anfragen bei Lieferanten erstellt. Probleme hierbei sind zum einen eine schwere Nachprüfbarkeit der Zusammensetzung des genannten Preises sowie ein Verharren auf dem Status Quo.
Zukünftig sich ansiedelnde Lieferanten bzw. eigene Produktionsstätten können hierüber nicht bewertet werden. Darüber hinaus ist es in den meisten Ländern unmöglich einen umfangreichen repräsentativen Warenkorb anzufragen, der einen Rückschluss auf künftige neue Teileumfänge zulässt. Die Erarbeitung der Methode orientierte sich an den folgenden Kernfragen:
Länder-Beschaffungsindizes geben den theoretischen oder realen Preis eines Produktes oder Teiles aus einem betrachteten Land im Vergleich zum heutigen Beschaffungsort wieder. So kann ein Produkt heute indiziert 100 kosten und würde aus der Slowakei gesourct auf 89 Indexpunkte kommen. Das TCW erarbeitete gemeinsam mit einem deutschen PKW-Hersteller eine Systematik zur analytischen Ermittlung dieser Länder-Beschaffungsindizes für einzelne Teile wie auch für einen repräsentativen Warenkorb.
Diese Sourcing Indizes sollen strategische und operative Zielsetzungen erfüllen:
Zur Beantwortung dieser Frage wird ein Modell erstellt, das auf Basis der aktuellen Kosten- und Risikosituation an den derzeitigen Produktions- und Beschaffungsstandorten die Beschaffungssituation in einzelnen Ländern und Regionen ermittelt.
In einem ersten Schritt werden Produkte und Teile in ihrer aktuellen Sourcing Situation analysiert. Dafür wird auf der Basis interner Informationen das zu untersuchende Produkt in seine Kostenbestandteile zerlegt. Zusätzlich werden die Fertigungstechnologien ermittelt und das Substitutionspotenzial definiert. Das Substitutionspotenzial beschreibt die Möglichkeit maschinelle Arbeit durch menschliche zu ersetzen. Die Analyse zielt darauf ab in Niedriglohnländern den Faktor menschliche Arbeit relativ anzuheben (Schritt 1). In einem zweiten Schritt wird die korrespondierende Analyse für das zu untersuchende Land vorgenommen. Die relevanten Kostenelemente werden über eine detaillierte Datenbank ermittelt: Hierin verzeichnet sind lokale Materialkosten, Arbeitskosten wie Lohn-, Energie und Maschinenkosten wie auch Analysen zur Substitutionsintensität. Die Substitutionsintensität gibt das optimale Verhältnis von Mensch und Maschine im jeweiligen Land an. Aus der Kombination von Produkt und Land ergibt sich nun ein neutraler Kostenindex der um eine Risikobetrachtung ergänzt wird (Schritt 3 und 4). Dieser risikoadjustierte Index wird als Sourcing Index aufgeführt. Er gibt den prognostizierten Preis dieses Produktes im analysierten Land an.
Damit ist ein fundierter Index entstanden, der intern und extern als Diskussionsgrundlage genutzt wird. Hilfreich hierbei ist insbesondere der Abgleich mit den empirisch ermittelten konkreten Anfragen in den einzelnen Ländern. Abweichungen sind zu ermitteln und zu durchdringen. Beispielsweise sind signifikante Abweichungen zwischen dem empirischen und dem analytischen Wert in Russland zu verzeichnen. Grund ist das noch nicht ausreichend ausgeprägte Wettbewerbselemente zwischen den Lieferanten in Russland existieren.
Die durch das Modell abbildbare Rangreihung von Produktions- und Beschaffungsquellenländern ermöglicht die Ermittlung eines optimierten zukünftigen Supplier Footprints unter Berücksichtung von Kosten-, Qualitäts- und Risikoaspekten. Die Darstellung dieser Footprint-Szenarien leitet den Einkauf bei der Suche nach leistungsfähigen Lieferanten in den zu erschließenden Märkten und Regionen.
Die Vor-Ort-Auditierung der in Frage kommenden Lieferanten zählt darüber hinaus zum Leistungsumfang des TCW. Auf Basis robuster Methoden, die bereits in zahlreichen Projekten erfolgreich eingesetzt wurden, kann die Leistungsfähigkeit der Lieferanten hinsichtlich der kritischen Erfolgsfaktoren bewertet werden. Besonders die Bewertung bis dato unbekannter, ausschließlich lokal agierender Lieferanten in neuen Märkten spielt hier eine wesentliche Rolle. Eine Realisation von Kostenvorteilen ist bei ihnen in der Regel einfacher zu realisieren als bei global agierenden Lieferanten mit hoher Marktpräsenz. Umso wichtiger sind hierbei die Sicherstellung der erforderlichen Produkt- und Prozessqualität sowie die Implementierung eines leistungsfähigen Risikomanagements in der Beschaffung mit besonderer Betonung der Risikoprävention.