[30.09.2013]
Die Produktklinik stellt ein Konzept zur kontinuierlichen Verbesserung auf Produktebene dar, die auf einer funktionsorientierten Betrachtungsweise und einem systematischen Vergleich mit Wettbewerbsprodukten beruht. Zielsetzung ist nicht die Imitation der Wettbewerber, um Kosten in der Entwicklung zu sparen. Vielmehr gilt es Stärken und Schwächen des Wettbewerbers zu erlernen, um innovative Lösungen zu erarbeiten. Die Produktklinik basiert auf einer funktionsorientierten Vorgehensweise, die nicht einzelne Bauteile, sondern die Erfüllung von Funktionen für den Kunden in den Fokus der Betrachtung stellt. Das Konzept der Produktklinik fußt auf drei Säulen: Der technischen Analyse des Produktes, der Analyse von Markt- und Kundenanforderungen sowie der kaufmännischen Analyse. Entscheidend für den Erfolg einer Produktklinik ist die Selektion der richtigen Wettbewerbsprodukte für die technische Analyse des Produkts. Hierzu kann eine Vorgehensweise in vier Schritten gewählt werden.
Im ersten Schritt gilt es das Untersuchungsfeld der Produktklinik abzustecken. Hierzu ist zunächst der Bereich des Produktportfolios zu definieren, der im Rahmen der Produktklinik mit Wettbewerbsprodukten verglichen werden soll. Im Rahmen von Expertenworkshops werden anschließend Wettbewerber identifiziert, deren Produktportfolios für die Wettbewerbsproduktselektion genauer zu bewerten sind. Für die technische Bewertung der Wettbewerbsprodukte ist ein Katalog von Produktleistungsmerkmalen zu entwerfen. Mit Hilfe dieses Katalogs können strukturiert Leistungsdaten der Wettbewerbsprodukte aufgenommen und miteinander vergleichen werden. Zur Sammlung der Leistungsdaten sind sowohl Produktkataloge von Wettbewerbern als auch einschlägige Onlineplattformen auszuwerten.
Nach der Aufnahme von Leistungsdaten selektierter Konkurrenzprodukte sind im zweiten Schritt sowohl technische als auch ökonomische Bewertungskriterien zu definieren, anhand derer die Produkte über ihre Leistungsdaten hinaus bewertet werden können. Zu diesen Merkmalen zählen beispielsweise Wartbarkeit, Qualität, Design oder technologischer Reifegrad des Wettbewerbsprodukts.
Um die Wettbewerbsprodukte anhand dieser Kriterien zu evaluieren, sind im dritten Schritt Experten aus sämtlichen Fachbereichen des Unternehmens hinzuzuziehen, die über ausreichendes Markt- und Wettbwerbs-Know-How verfügen. Dies kann über einen Kurzfragebogen erfolgen, der an einen definierten Expertenkreis aus dem Unternehmen versendet wird. Der Kurzfragebogen enthält neben den Bewertungsmöglichkeiten der technischen und ökonomischen Bewertungskriterien sämtliche Wettbewerbsproduktdaten, die im ersten Schritt aufgenommen wurden. Darüber hinaus können Einzelinterviews mit Experten geführt werden.
Als Ergebnis der drei vorgelagerten Phasen können im vierten Schritt gezielt die geeigneten Wettbewerbsprodukte für die durchzuführende Produktklinik ausgewählt werden. Hierzu werden die Ergebnisse der Expertenbefragungen und -einschätzungen detailliert ausgewertet und gegebenenfalls mit Hilfe weiterer Onlinerecherchen validiert. Produkte, die sowohl im Hinblick auf ihre Leistungseigenschaften als auch bezüglich weiterer technischer und ökonomischer Bewertungskriterien als „Benchmark“ gelten oder das Potenzial für erhebliche Lerneffekte im Unternehmen bieten, können gezielt ausgewählt und für die Produktklinik beschafft werden.
Insbesondere im Investitionsgüterbereich ist zu beachten, dass der Selektions- und Beschaffungsprozess frühzeitig vor dem geplanten Beginn der Produktklinik angestoßen wird. Auf diese Weise lassen sich Verzögerungen im weiteren Prozess der Produktklinik aufgrund langer Lieferzeiten der Wettbewerbsprodukte vermeiden.