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Turnaround-Management bei kleinen und mittleren Unternehmen

[07.10.2013]

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Ein angewandter Turnaround-Prozess sollte krisenspezifisch gestaltet sein und in jeder Krisenphase divergente Maßnahmen ergreifen. Je nach Krisenphase und Fokus unterscheiden sich die entsprechend zu definierenden Maßnahmen. Dadurch wird ein strukturiertes und nachhaltiges Vorgehen sichergestellt. Innerhalb des Turnarounds sind teilweise schmerzliche und gegebenenfalls sogar unprofitable Maßnahmen notwendig, um die langfristige Liquidität zu gewährleisten. Nach dem Turnaround ist das Unternehmen profitabel auszurichten.

Besonderheiten von KMU

Unternehmenskrisen können sowohl externe als auch interne Ursachen haben. Externe Ursachen betreffen Großunternehmen wie KMU gleichermaßen, lediglich die Handlungsmöglichkeiten unterscheiden sich hier. Bei den internen Ursachen beeinflussen besonders die qualitativen Eigenschaften der KMU die Entstehung von Krisen und den Verlauf der Sanierung. Aufgrund der begrenzten Ressourcen (unter anderem Fachpersonal und Wissen) sind Managementprobleme der Eigentümer oftmals Auslöser für interne Probleme. Häufig existieren in KMU keine klaren Führungsstrukturen und keine Nachfolge- und Vertretungsregelungen. Technisch orientierte Ausbildungen, fehlendes kaufmännisches Verständnis, mangelhafte Transparenz und dürftige Controllingsysteme fördern irrationale „Bauchentscheidungen“, welche in Krisensituationen durch Zeitdruck und Existenzangst verstärkt werden. Hier zählen besonders die fehlenden Controllinginstrumente zu den wesentlichen Krisenbeschleunigern, da die Ressourcensteuerung durch die vorhandene Intransparenz meist zum Blindflug wird. Unternehmenskrisen bei KMU sind dabei eine extreme Belastung für den Eigentümer. Die nachfolgende Auflistung zeigt die spezifischen Vor- und Nachteile von KMU.


Neben der meist allumfänglichen Zuständigkeit des Eigentümerunternehmers und der damit verbundenen hohen Arbeitsbelastung, wiegt die Furcht vor dem Verlust der Unabhängigkeit des Unternehmens und somit des Unternehmers besonders schwer. Im Falle einer Insolvenz kann unter Umständen auch das Privatvermögen des Unternehmers herangezogen werden. Zusätzlich zu diesen psychologischen Aspekten wurde empirisch nachgewiesen, dass kleine Unternehmen eine tendenziell geringere Überlebenswahrscheinlichkeit besitzen als große Unternehmen gleichen Alters. Ursächlich hierfür sind größenbedingte Nachteile von KMU, welche auch den Sanierungsprozess entscheidend prägen. Zum einen verfügen KMU aufgrund des meist fehlenden Zugangs zu einem erheblichen Teil des Kapitalmarkts nicht über dieselben Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung wie Großunternehmen. Zum anderen können Großunternehmen erhebliche „economies of scale“ in fast allen Unternehmensbereichen nutzen. KMU spezialisieren sich zudem häufig auf einzelne Nischenmärkte um den Kostendruck der großen Unternehmen zu umgehen. Im Krisenfall bietet diese mangelnde Diversifikation kaum Handlungsspielraum für eine strategische Neuausrichtung.

Turnaround-Prozess in Krisenphasen bei KMU

Aufgrund der Charakteristika von KMU sind spezifische Turnaround-Management-Ansätze nötig. Diese Ansätze unterscheiden sich in den verschiedenen Krisenphasen anhand der noch zur Verfügung stehenden Reaktionszeit, der einsetzbaren Analyse- und Planungsinstrumente und der Kombination aus kurz-, mittel- und langfristigen Korrekturmaßnahmen. In der nachfolgenden Abbildung wird das situationsspezifische Turnaround-Management je Krisenphase aufgezeigt.


Innerhalb der Strategiekrise ist die zukünftige Wettbewerbsposition in Gefahr. Gewinne werden zwar erwirtschaftet, jedoch haben externe Anspruchsgruppen keinen Einblick in Fehlentwicklungen. Innerhalb dieser Krisenphase ist ein strategischer Turnaround zu vollziehen. Auf Basis tiefgreifender Analysen kann eine Neupositionierung des Unternehmens erfolgen. Die Unternehmensanalyse sowie die Erstellung des Turnaround-Konzepts finden sequenziell statt. Bleibt die Strategiekrise unerkannt oder wird diese nicht bewältigt, kann sich daraus eine Ertragskrise entwickeln. Der taktische Turnaround soll in der Ertragskrise bestehende Erfolgsfaktoren ausschöpfen. Dadurch kann die Ertragslage des Unternehmens stabilisiert werden. Der Turnaround-Prozess in der Ertragskrise orientiert sich am V-Konzept. Dies erfolgt auf Basis der Kosten und des Wachstums von Umsatz sowie Gewinn. Innerhalb der Liquiditätskrise steigen die Anforderungen an ein erfolgreiches Turnaround-Management deutlich, sodass hier von einem erzwungenen Turnaround die Rede ist. Durch den hohen Zeitdruck und den geringen Aktionsradius gelingt lediglich einem Fünftel der Unternehmen der Turnaround in einer Liquiditätskrise. Der erzwungene Turnaround, der die Zusammenarbeit mit externen Anspruchsgruppen notwendig macht, wird auch als operativer Turnaround bezeichnet.

Methodenportfolio zur Auswahl zielgerichteter Maßnahmen im Turnaround-Management

Im Turnaround-Prozess kann die geringere Unternehmensgröße von KMU durchaus von Vorteil sein. Die meist sehr flachen Hierarchien ermöglichen eine rasche Entscheidungsfindung und erlauben unbürokratische Lösungen. Nicht selten bremsen jedoch fehlende Informationssysteme die Nutzung dieser Flexibilitätsvorteile, da sie zu spät oder gar nicht erkannt werden können. Richtige Entscheidungen sind zudem von der fachlichen Kompetenz des Führungspersonals abhängig. Durch die starke Verbindung von Führung und Eigentum in KMU ist das Führungspersonal nur selten austauschbar, was das Verstärken von Fach- und Führungskompetenz des Unternehmens im Krisenfall zusätzlich behindert. Am Anfang jedes Turnaround-Managements steht die entscheidende Frage: „Ist das sanierte Unternehmen auf längere Sicht lebensfähig oder nicht?“. Kann diese Frage eindeutig mit „ja“ beantwortet werden, ist eine Vielzahl zielgerichteter Maßnahmen zu ergreifen um den Turnaround-Prozess erfolgreich bewältigen zu können. Nachfolgend werden divergente Methoden je Krisenphase aufgezeigt.


Dem Methodenportfolio kann entnommen werden, welche Methode im Turnaround-Management zu nutzen ist. Auf der Abszisse finden sich die Methoden, auf der Ordinate die jeweiligen Krisenphasen, in welcher die Methode ihren maximalen Nutzen generiert. Die Gliederung erfolgt nach den Zielgrößen in strategieorientierte und fähigkeitsorientierte Methoden. Die Methoden können vollumfänglich genutzt werden um den Turnaround zu beschleunigen. Daher ist der gezielte Einsatz von Methoden, Ansätzen und Sicherungsinstrumenten während einer Unternehmenskrise für den nachhaltigen Unternehmenserfolg von besonderem Interesse. Diese krisenphasenspezifischen Methoden können in den einzelnen Krisenphasen weiterentwickelt und in das Turnaround-Management eingebunden werden.

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