[17.11.2004]
Das Unternehmen ist ein traditionsreicher Anbieter in der Modebranche. Der Wettbewerb hat sich in den vergangenen Jahre stark verschärft. Während früher Lieferfristen bis zu mehreren Monaten bei häufig nur zwei Kollektionen pro Jahr üblich waren, setzen die Groß- und Einzelhändler nunmehr zunehmend auf kurze Lieferfristen. Häufig wird bereits der 24-Lieferservice verlangt. Auch müssen die Unternehmen in der Branche mittlerweile bis zu acht Kollektionen anbieten. Für die Unternehmen ergibt sich hieraus eine signifikant höhere zu bewältigende Produkt- und Prozesskomplexität, die sich sowohl im Einkauf, in der Auftragsabwicklung und in der Produktion niederschlägt. Insbesondere die Produktionsstrukturen und –prozesse des betrachteten Unternehmens waren diesen Anforderungen nicht mehr gewachsen. Dies zeigte sich in einer Lieferpünktlichkeit von unter 70% und Qualitätsproblemen, die zu einer Retourenquote von über 6% führten.
Das Leitmotiv für eine logistikgerechte Fabrikgestaltung ist die Vereinigung der Kosten- und Produktivitätsvorteile der Fließfertigung mit der hohen Flexibilität der Werkstattfertigung. Ziel ist eine weitgehende Entflechtung der Kapazitäten. Die daraus entstehenden "Fabriken in der Fabrik" ermöglichen Potentiale für Wettbewerbsvorteile, indem sie ihre Ressourcen auf eine spezifische Produktionsaufgabe konzentrieren. Sie umfassen mehrere Stufen der logistischen Kette und zeichnen sich durch die Integration von fertigungsnahen indirekten Funktionen aus.
Zunächst wurde ein Pilotsegment realisiert, um die Auslegung des Segmentes hinsichtlich der Spezifika der Modebranche zu überprüfen. Parallel zum Testlauf von drei Monaten wurde die Segmentierung der restlichen Fertigung geplant. Nach der Festlegung der Segmentierungskriterien und der Bestimmung der indirekten Funktionen im Segment wurden das Layout und die maschinelle Ausstattung des Segmentes definiert. Innerhalb der Segmente wurde das Kanban-Prinzip zur Steuerung realisiert. Im Rahmen der personellen Dimensionierung war zu beachten, dass das U nternehmen bisher in tayloristischer Tradition gefertigt hat und die Mitarbeiter wenig selbständig und nicht mehrfachqualifiziert waren. Dies machte eine intensive Schulung und Betreuung während der Startphasen der Segmente notwendig. Insbesondere die Auswahl der Segmentleiter erwies sich hierbei als erfolgskritisch. Er hatte für einen reibungsfreien Fertigungsablauf Sorge zu tragen, mußte den Teamgedanken implementieren und die Mitarbeiter hinsichtlich der gestiegenen Anforderungen aufgrund der geforderten Mehrfachqualifikation und der Integration von indirekten Funktionen in das Segment coachen. Um die Lieferpünktlichkeit gegenüber dem Kunden einzuhalten, wurde ausgehend vom Point of Sales eine retrograde Planung und Terminierung der Distribution, Fertigung und Beschaffung realisiert.
Die Verbesserungen konnten innerhalb weniger Wochen realisiert werden. Die Produktivität stieg um 65 %, die Durchlaufzeit in der Produktion fiel von zwanzig auf zwei Arbeitstage. Es wurde eine Null-Fehler-Fertigung realisiert. Die Lieferpünktlichkeit stieg auf über 95%.
Die Fallstudie "Fertigungssegmentierung" als PDF-Datei zum Ausdrucken herunterladen.