[05.11.2012]
Die Realisierung von Synergien in Chemieparks ist eine Kerndisziplin für den Betreiber, die ansässigen Chemieunternehmen und die Dienstleistungsunternehmen eines Chemieparks. Allerdings stellt das Synergiemanagement alle Beteiligte vor weitreichende Herausforderungen, die es zu überwinden gilt. Ein strukturiertes Synergiemanagement in Chemieparks hilft, vorhandene Synergiepotenziale in der Wertschöpfungskette der einzelnen Unternehmen zu heben. Durch das systematische Vorgehen der Synergierealisierung verbessert sich die Wettbewerbsfähigkeit aller Akteure und steigert die Attraktivität des Chemieparks nachhaltig.
Um dem zunehmenden Druck in der chemischen Industrie gewachsen sein zu können, nimmt die Bedeutung von Chemieparks und chemienahen Industrieparks zu. Die zum größten Teil in den 1990er Jahren entstandenen Chemieparks sind Folgen des strukturellen Wandels in der chemischen Industrie. Der zunehmende Wettbewerbsdruck sowie die Preissensitivität des Marktes, verlangen von Chemieunternehmen Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen, welche in zunehmenden Maße nur noch in Unternehmensnetzwerken oder Allianzen erzielt werden können. Die wachsende Beliebtheit von Chemieparks spiegelt diesen Trend wider. Allerdings führt die historisch bedingte Heterogenität deutscher Chemieparks zu zahlreichen Reibungsverlusten, die es zu vermeiden gilt.
Chemieparks zeichnen sich durch Branchenspezialisierungen, unterschiedliche Organisations- und Prozessstrukturen sowie diversifizierten Service- und Kompetenzspektren aus. Angesichts der zahlreichen Schnittstellen, bedingt durch die unterschiedlichen Unternehmen am Standort, ergeben sich neue Herausforderung, aber auch neue Chancen für die beteiligten Unternehmen. Unter Berücksichtigung von Skalen- und Verbundeffekten lassen sich entlang der Wertschöpfungskette zahlreiche Gestaltungsfelder zur Synergierealisierung in Chemieparks identifizieren. Allerdings ist festzustellen, dass die mangelhafte Realisierung von Synergiepotenzialen häufig auf ein unsystematisches Synergiemanagement der Unternehmen zurückzuführen ist. Unter Synergiemanagement ist die Identifikation, Beurteilung und Quantifizierung von Synergiepotenzialen sowie die Generierung von Synergieeffekten zu verstehen.
Ein systematischer Einsatz von Synergiemanagementmethoden erlaubt es brachliegende Potenziale bei allen Chemieparkakteuren zu heben. In einem Chemiepark lassen sich hierbei drei relationale Ebenen für die Realisierung von Synergien identifizieren (vgl. Abbildung 1), um die vorhandenen Potenziale zu heben.
Ein Synergiemanagement auf horizontaler Ebene ermöglicht den ansässigen Chemieunternehmen durch Kooperationen in der Forschung & Entwicklung, im Einkauf oder im Vertrieb sowie durch effiziente Nutzung der Verbundstruktur die vorhandenen Synergiepotenziale zu heben. Durch einen abgestimmten Methodeneinsatz lassen sich auf dieser Ebene Synergiepotenziale von bis zu 28 % realisieren.
Auf vertikaler Ebene können Chemieunternehmen in einem Chemiepark durch die Auslagerung von Sekundärprozessen an Dienstleister Kosteneinsparungen realisieren. Synergien ergeben sich hier für die ansässigen Dienstleister, die durch ein gezieltes Synergiemanagement eine Fixkostenreduzierung von bis zu 17 % erzielen können.
Chemieparkbetreiber nehmen auf der lateralen Ebene die Funktion der Vermittlung und Koordination von internen und externen Dienstleistungen ein. Das umfassende Leistungsangebot des Chemieparkbetreibers erlaubt es, dass Chemieunternehmen sich auf ihre Kernprozesse konzentrieren und damit effizienter produzieren können. Durch ein differenziertes Synergiemanagement kann der Chemieparkbetreiber für alle ansässigen Unternehmen weitere Synergien realisieren. Auf der lateralen Ebene können hier ebenfalls Synergien von bis zu 23 % für alle Akteure generiert werden.
Zur Realisierung der genannten Synergien in Chemieparks unterstützt eine effektive und effiziente Vorgehensweise, die in vier Schritten implementiert werden kann (vgl. Abbildung 2).
Schritt 1: Vorbereitung
Im ersten Schritt müssen die Rahmenbedingungen festgelegt werden. Hier ist die Teamzusammensetzung zu definieren, die weitere Vorgehensweise festzulegen und die Anforderungen und Zielsetzungen sind zu konkretisieren.
Schritt 2: Analyse
In der Analysephase werden mittels Audits und Benchmarks mögliche Synergiepotenziale inhaltlich, zeitlich und lokal identifiziert und quantifiziert. Die Ergebnisse dieser Phase dienen als spätere Entscheidungsgrundlage.
Schritt 3: Konzeptentwicklung und -integration
In der dritten Phase erfolgt die Entwicklung eines Konzepts zur Synergierealisierung. Hier werden inhaltliche und zeitliche Maßnahmen zur Umsetzung ausgearbeitet und anhand von Meilensteinen konkretisiert. Die Verantwortung für die Umsetzung und Realisierung muss hierbei in die Planungsprozesse des Unternehmens integriert werden.
Schritt 4: Controlling
In der letzten Phase erfolgt durch ein umfassendes Synergiecontrolling die Überwachung der realisierten und noch zu schöpfenden Synergiepotenziale. So können bereits erzielte Synergieeffekte überprüft und Abweichungen identifiziert sowie Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
Ein systematisches Synergiemanagement zur Realisierung von Synergien in Chemieparks führt zu einer nachhaltigen Steigerung der Attraktivität des Standorts, verbessert die Wettbewerbsfähigkeit und optimiert die Leistungs- und Kostenstrukturen der ansässigen Unternehmen.
Die Potenziale eines strukturierten Synergiemanagements in Chemieparks zeigt folgendes Beispiel: Beim Bau einer großen Bio-Diesel-Anlage eines Chemieunternehmens in einem Chemiepark wurde das komplette Genehmigungsmanagement vom Chemieparkbetreiber übernommen. Durch das strukturierte Synergiemanagement konnte die Dauer der Genehmigung um mehr als die Hälfte verkürzt werden. Dies konnte nur durch das bereits vorhandene Know-how und die Nutzung von Synergien des Chemieparkbetreibers realisiert werden. Für das Unternehmen bedeutet die schnellere Genehmigung mehr Umsatz und Gewinn, für den Chemieparkbetreiber eine weitere Steigerung der Attraktivität des Chemieparks.